23.01.2013 | Beratertipp

Entfernungspauschalen für den Veranlagungszeitraum 2012

Von Susanne Christ, Rechtsanwältin/Fachanwältin für Steuerrecht, Köln *

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat aufgrund der durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 eingetretenen Änderungen zur Berechnung der Entfernungspauschalen sein bisheriges Schreiben vom 31. August 2009 aktualisiert. Die Änderungen gelten erstmals für den Veranlagungszeitraum 2012, so dass bei den nun anlaufenden Einkommensteuerveranlagungen 2012 die Regelungen im aktuellen Schreiben in der Steuerberatung berücksichtigt werden müssen.

Zugleich nahm die Finanzverwaltung die Neufassung des Schreibens zum Anlass, die bisherigen Regelungen durch Beispielsfälle zu erläutern, wie z.B. zur Regelung der Benutzung verschiedener Verkehrsmittel oder mehrerer Dienstverhältnisse.

Nachfolgend ein Überblick über die wesentlichen Änderungen:

1. Höchstbetragsregelung bei Nutzung eines Kraftwagens

Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nummer Nr. 4 EStG sind grundsätzlich die Entfernungspauschalen auf den Höchstbetrag von 4.500 EUR begrenzt. Diese Höchstgrenze gilt nicht, wenn für die Wege ein Fahrzeug genutzt wird. Dann dürfen auch Entfernungspauschalen von mehr als 4.500 EUR als Werbungskosten abgesetzt werden. Das Fahrzeug muss nicht zwingend dem Arbeitnehmer gehören; es reicht aus, wenn das Fahrzeug ihm zur Nutzung überlassen wird und die Nutzung für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte glaubhaft gemacht wird.

2. Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG

Nutzt der Arbeitnehmer öffentliche Verkehrsmittel für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, darf er die tatsächlichen Kosten als Entfernungspauschalen geltend machen, wenn diese die Entfernungspauschalen übersteigen, also die Kosten je Entfernungskilometer über 0,30 EUR liegen und/oder die Gesamtkosten im Kalenderjahr 4.500 EUR übersteigen. Mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 wurde allerdings die Regelung modifiziert. Die höheren Kosten dürfen nur dann angesetzt werden, wenn die Kosten für die öffentlichen Verkehrsmittel im Kalenderjahr insgesamt höher liegen als die Entfernungspauschalen von 0,30 EUR je Entfernungskilometer.

Beispiel: Arbeitnehmerin Meier nutzt von Januar – September an 165 Arbeitstagen ihr Fahrzeug für die 90 km von der Wohnung entfernt liegenden Arbeitsstätte. Anfang Oktober zieht sie um, die neue Wohnung liegt nur noch 5 km entfernt, für die Wege an 55 Arbeitstagen nutze sie den öffentlichen Bus. Ihr entstehen dafür Kosten in Höhe 210 EUR (3 x 70 EUR).

Berechnung der abziehbaren Entfernungspauschalen:

Als Entfernungspauschalen könnte sie folgende Kosten geltend machen:

a) Fahrten Jan-Sept: 4.455 EUR  (165 Arbeitstage x 90 km x 0,30 EUR)
b) Fahrten Okt.-Dez: 83 EUR (55 Arbeitstage x 5 km x 0,30 EUR)

= Summe Entfernungspauschalen: 4.538 EUR

Kosten für öffentliche Verkehrsmitte: 210 EUR

Da die Kosten für die öffentlichen Verkehrsmittel in dem Kalenderjahr niedriger sind als Entfernungspauschalen, können nach der seit 2012 geltenden Neuregelung nur die Entfernungspauschalen in Höhe von 4.538 EUR abgesetzt werden.

Kompliziert wird diese Berechnung, wenn verschiedene Verkehrsmittel genutzt werden, etwa für die erste Teilstrecke ein Kraftfahrzeug und für die folgende Strecke ein öffentliches Verkehrsmittel.

Beispiel: Arbeitnehmer Schulze fährt mit seinem Auto zur 30 km entfernt liegen Bahnstation und mit der Bahn 100 km zu einem Arbeitsplatz. Im Jahr 2012 ist er an 220 Arbeitstagen zur Arbeit gefahren. Die Kosten für die Bahnfahrkarten betrugen 2012 insgesamt 2.160 EUR. Die kürzeste maßgebende Entfernung ist 100 km.

Schritt 1: Entfernungspauschale für die Fahrten mit dem KFZ: 30 km x 220 Arbeitstage x 0,30 EUR = 1.980 EUR.

Schritt 2: Fahrt mit der Bahn: von den 100  km Entfernung verbleiben für die Bahnfahrten von der kürzesten Strecke noch 70 km: 70  km x 220 Arbeitstage x 0,30 EUR = 4.620 EUR. Hierfür dürfen höchstens 4.500 EUR angesetzt werden, so dass lediglich 4.500 EUR bei Schritt 2 zu berücksichtigen sind.

Zwischenergebnis: danach sind insgesamt 6.480 EUR (1.980 EUR + 4.500 EUR) absetzbar.

Schritt 3: tatsächliche Aufwendungen für die Bahnfahrten: 2160 EUR, diese liegen unterhalb der für das Kalenderjahr insgesamt anzusetzenden Entfernungspauschalen von 6.480 EUR, so dass es bei den Entfernungspauschalen von 6.480 EUR bleibt.

Ergebnis: Herr Schulze kann 2012 Entfernungspauschalen von 6.480 EUR als Werbungskosten geltend machen.


Paxishinweis
:

Die kalenderjahrsbezogene Betrachtung kann für diejenigen nachteilig sein, die innerhalb eines Kalenderjahrs Veränderungen vornehmen. Wer im betreffenden Kalenderjahr eher zufällig - wie im ersten Beispielsfall - überwiegend kein öffentliches Verkehrsmittel verwendet, wird zukünftig die höheren Kosten für die öffentlichen Verkehrsmittel nicht als Werbungskosten abziehen können, obwohl ihm für den Zeitraum, in dem die öffentlichen Verkehrsmittel genutzt wurden, durch die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel tatsächlich höhere Kosten entstanden sind. Ob diese gesetzlich festgelegte Berechnungsmethode dem Gleichheitsgebot nach Art. 3 GG entspricht, ist zweifelhaft. Einen Grund, weshalb hier eine Abgleich mit den Entfernungspauschalen innerhalb des Zeitraumes eines Kalenderjahres gefordert wird, während ein Abgleich mit anderen Zeiträumen nicht erfolgt, ist nicht ersichtlich. Insbesondere dient diese Regelung nicht der Vereinfachung, da nunmehr umständliche Vergleichsberechnungen notwendig werden.

3. Einbeziehung einer Fährverbindung, Nutzung eines Straßentunnels und mautpflichtigen Straße

Maßgebend für die Berechnung der Entfernungspauschalen ist grundsätzlich die kürzeste Straßenverbindung. Bei Nutzung eines Kraftfahrzeugs kann der Berechnung der Entfernung eine längere Straßenverbindung zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und auch tatsächlich regelmäßig genutzt wird. Verkehrsgünstiger ist eine Strecke, wenn durch Nutzung dieser Strecke der Arbeitsplatz in der Regel schneller und pünktlicher erreicht werden kann. Bei Ermittlung der kürzesten Straßenverbindung ist auch eine Fährverbindung zu berücksichtigen, wenn die Nutzung dieser Fähre zumutbar erscheint und wirtschaftlich sinnvoll ist.

Praxishinweis:

Die Fahrtstrecke der Fähre ist nicht bei der für die Berechnung der Entfernungspauschalen als Entfernung zu berücksichtigen; stattdessen sind die tatsächlichen Kosten für die Fähre zusätzlich zu den Entfernungspauschalen als Werbungskosten absetzbar. Demgegenüber dürfen Kosten für die Benutzung eines Straßentunnels oder einer mautpflichtigen Straße nicht zusätzlich abgesetzt werden, da  sie nicht durch die Benutzung eines Verkehrsmittels entstehen.

Download:

BMF-Schreiben vom 3. Januar 2013, GZ IV C 5 - S 2351/09/10002 (DOK 2012/1170915)
 

* Über die Autorin:

Susanne Christ ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht. Sie führt eine eigene Steuer- und Wirtschaftskanzlei in Köln und ist die Sprecherin des Erbrechtsausschusses des Kölner Anwaltsvereins. Susanne Christ ist langjährige Fachautorin der Haufe Mediengruppe und Dozentin in den Bereichen Einkommen-, Umsatz- und Erbschaftssteuer. Sie schreibt auch regelmäßig Fachartikel und Kommentare bei STB Web. 

E-Mail: s.christ@netcologne.de

 

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 23.01.2013, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.