21.03.2012 | Beratertipp
Von Susanne Christ, Rechtsanwältin/Fachanwältin für Steuerrecht, Köln *
Im vorliegenden Fall hatte das Finanzamt bei einem Rechtsanwalt eine Betriebsprüfung angeordnet - offenbar deshalb, weil der Anwalt einen Mitarbeiter des Finanzamtes wegen Mobbing vertrat. In seinem Urteil dazu hat der BFH entschieden, dass angesichts der Besonderheiten des Falles ein außersteuerlicher Zusammenhang nicht von der Hand zu weisen wäre. Für Steuerberater ist diese Entscheidung interessant, weil darin die Grundsätze der Betriebsprüfung nochmal erläutert werden sowie die Grenzen der Zulässigkeit einer Betriebsprüfungsanordnung. Diese sind zwar sehr eng, aber in Gesprächen mit Mandanten über die Zulässigkeit von Betriebsprüfungen kann dieses Urteil gut als Grundlage herangezogen werden, wann eine Prüfungsanordnung fehlerhaft ist.
Das Urteil erläutert die Grundsätze der Betriebsprüfung nochmal sowie die Grenzen der Zulässigkeit einer Betriebsprüfungsanordnung. (Foto: Kautz15 - Fotolia.com) |
BFH sieht Zusammenhang mit Mobbingvorwürfen: willkürlich und schikaniös angeordnete Betriebsprüfung
Anders der BFH: er entschied, dass die Prüfungsanordnung sehr wohl willkürlich und schikaniös angeordnet worden sein könnte. Daher könne die Prüfungsanordnung in diesem Fall ermessensfehlerhaft erteilt worden sein. Dies zu überprüfen, ist Sache des Finanzgericht, dass nunmehr neu entscheiden muss.
Grundsätzlich – so der BFH – können bei Steuerpflichtigen mit Gewinneinkünften eine Betriebsprüfung ohne Angaben von Gründen angeordnet werden, vgl. § 193 Abs. 1 AO. Daher hätte das Finanzamt die äußeren Grenzen seines Ermessens nicht überschritten. Aber im konkreten Fall sei es nicht ausgeschlossen, dass außersteuerliche Gesichtspunkte herangezogen worden seien. Die Betriebsprüfung ist zu einem Zeitpunkt angeordnet worden, als massive Repressalien gegen einen der vom Rechtsanwalt vertretenen Mandanten (Zwangsversetzung und ungerechtfertigter Verweis) durchgeführt wurde. Schon dieser zeitliche Zusammenhang weise auf eine möglicherweise außersteuerliche Motivation bei der Anordnung der Betriebsprüfung hin. Gestützt wird diese Vermutung durch die zeitgleich durchgeführten steuerlichen Prüfungen bei den Mitgliedern des mit den Mobbingvorwürfen befassten Petitionsausschusses. Diese Zusammenhänge hätte das FG nicht außer Acht lassen dürfen. Dabei, so der BFH, ist auch aufzuklären, nach welchen Kriterien das beklagte Finanzamt im Übrigen im fraglichen Zeitraum seinen Prüfungsplan erstellt hat und wie es sich insbesondere in Bezug auf die Angehörigen der freien Berufe verhielt sowie dem zeitlichen Ablauf vom Prüfungsvorschlag des Veranlagungsbezirks zur Außenprüfung. Im vorliegenden Fall lagen zwischen Prüfungsvorschlag des Veranlagungsbezirks und Annahmen durch die Betriebsprüfungsstelle lediglich eine Woche, so dass sich auch der Verdacht aufdrängt, dass wegen der Mobbingvorwürfe die Betriebsprüfung unüblich schnell angeordnet wurde.
Folgerungen für die Beratungspraxis:
Für die Beratungspraxis lässt sich aus dieser Entscheidung folgendes ablesen:
Hinweis: Der Einspruch gegen eine Prüfungsanordnung hat keine aufschiebende Wirkung. Soll durch den Einspruch der Prüfungsbeginn verschoben werden, ist dazu die Aussetzung der Vollziehung erforderlich, so dass mit dem Einspruch auch ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung verbunden werden sollte.
Festzustellen bleibt aber auch, dass außerhalb solcher ungewöhnlicher Fallgestaltungen grundsätzlich Betriebsprüfungen als notwendige Übel hinzunehmen sind. In der Regel sind Einsprüche gegen Betriebsanordnungen nur wegen formeller Mängel (falscher Adressat, falsche Steuerart u.ä.) erfolgversprechend, nicht aber wegen Ermessensfehler.
* Über die Autorin:
Susanne Christ ist
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht. Sie führt eine eigene
Steuer- und Wirtschaftskanzlei in Köln und ist die Sprecherin des
Erbrechtsausschusses des Kölner Anwaltsvereins. Susanne Christ ist
langjährige Fachautorin der Haufe Mediengruppe und Dozentin in den
Bereichen Einkommen-, Umsatz- und Erbschaftssteuer. Sie schreibt
auch regelmäßig Fachartikel und Kommentare bei STB Web.
E-Mail: s.christ@netcologne.de
Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 21.03.2012, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.