22.09.2010 | Beratertipp

Für die Praxis: Tücken der Bevollmächtigung

Von RAin Susanne Christ, Köln*

Die Bayerische Finanzverwaltung hat zusammen mit den Steuerberaterkammern München und Nürnberg ein Standard-Vollmachtformular entwickelt. In einem Erlass dazu gibt die Verwaltung einen Überblick die Einzelheiten zur Bevollmächtigung im Besteuerungsverfahren. Eine wichtige Hilfestellung für die Praxis, denn Finanzämter senden immer wieder Schreiben direkt an die Mandanten, obwohl Bevollmächtigungen vorliegen. 

RAin Susanne Christ

Der Erlass ist für die Praxis interessant, insbesondere die nicht allen Finanzbeamten und Steuerberatern bekannte Unterscheidung zwischen Bevollmächtigung und Empfangsvollmacht. Auf deren Unterschiede geht der Erlass ("Vollmacht, Erteilung durch den Beteiligten, Beachtung durch das Finanzamt LfSt Bayern v. 11.6.2010, S 0202.2.1 - 4/1 St 42") ebenfalls ein. 


Keine Berechtigung zum Empfang von Steuererklärungen bei bloßer allgemeiner Bevollmächtigung

Die allgemeine Bevollmächtigung berechtigt zur allgemeinen Vertretung des Mandanten, nicht aber zum Empfang von Steuerbescheiden. Das Finanzamt führt den Schriftverkehr mit der Vertreterin bzw. dem Vertreter; Steuerbescheide werden ihr bzw. ihm jedoch nicht zugestellt. Hierzu muss eine Empfangsvollmacht erteilt werden. Wird ein Steuerbescheid unmittelbar dem Mandanten bekanntgeben, weil zwar eine allgemeine Vollmacht, aber keine Empfangsvollmacht vorliegt, handelt das Finanzamt völlig richtig. Das ist tückisch, da in diesem Fall mit der Bekanntgabe des Steuerbescheides beim Steuerpflichtigen die Einspruchsfrist in Gang gesetzt wird. Wird die Steuerberaterin bzw. der Steuerberater erst nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist über diesen Steuerbescheid informiert, ist dieser grundsätzlich bestandskräftig.

Tipp: Schon wegen dieser Gefahr sollte man in der Praxis darauf achten, sich im Zweifel auch eine Empfangsvollmacht erteilen zu lassen.

Die Erteilung der allgemeinen Bevollmächtigung ist einfach, da sie formlos, insbesondere auch schlüssig erteilt werden kann. So stellt sich der Fiskus in dem Erlass auf den Standpunkt, dass das Finanzamt aus dem Umstand, dass ein Steuerberater oder andere Angehörige der steuerberatenden Berufe bei der Erstellung einer Steuererklärung mitgewirkt hat, auf das Vorliegen einer (schlüssigen) allgemeinen Bevollmächtigung schließen darf.

Achtung: Diese Bevollmächtigung bezieht sich in der Regel nur auf die durch die Abgabe der Steuererklärung veranlagten Steuer. Das führt dazu, dass die Finanzämter in der Praxis die Korrespondenz im Zusammenhang mit anderen Steuerarten oder Veranlagungszeiträumen wieder unmittelbar mit der Mandantin/dem Mandanten führen. Um dies zu vermeiden, sollten Mandanten grundsätzlich eine umfassende Vollmacht erteilen.

Wird ein Vertreter der steuerberatenden Berufe tätig, vermutet das Finanzamt das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Vollmacht; in der Regel soll auf die Vorlage einer schriftlichen Bevollmächtigung verzichtet werden.


Entgegennahme von Steuerbescheiden nur mit Empfangsvollmacht zulässig

Sollen dem Steuerberater auch die Steuerbescheide zugehen, muss eine Empfangsvollmacht erteilt worden sein. Das Steuerbüro kann sich dann darauf verlassen, dass keine Einspruchsfristen zu laufen beginnen, ohne dass es darüber informiert ist. Denn wird trotz Vorliegens einer Empfangsvollmacht der Steuerbescheid unmittelbar dem Steuerpflichtigen zugestellt, wird durch die Bekanntgabe Lauf der Einspruchsfrist nicht ausgelöst. Sie beginnt erst, wenn der Bescheid im Steuerbüro nachweislich eingeht, etwa, weil der Mandant den Steuerbescheid weiterleitet.  Wegen der Einzelheiten verweist der Erlass auf die Regelungen dazu im Anwendungserlass.

Die Empfangsvollmacht muss - im Gegensatz zur allgemeinen Bevollmächtigung - ausdrücklich erteilt werden. Fraglich ist, ob dies zwingend schriftlich sein muss, da das Gesetz insofern unklar ist. In dem Erlass umschifft die Finanzverwaltung diese Frage, indem sie erklärt, dass jedenfalls immer dann, wenn eine schriftliche Vollmacht, die den Bevollmächtigten auch berechtigt, rechtsverbindliche Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen, vorliegt, von einer Empfangsvollmacht auszugehen ist. Ob die Empfangsvollmacht auch anders als schriftlich erteilt werden kann, bleibt im Erlass offen.

Praxistipp: Steuerberater sollten sich generell schriftlich- am besten schon bei Mandatsübernahme - bevollmächtigen lassen, um gar keinen Zweifel über die Bevollmächtigung aufkommen zu lassen. In der Regel ist es den Mandanten sehr recht, wenn die gesamte Korrespondenz über den Steuerberater läuft.

Wird in der Bevollmächtigung auf eine bestimmte Steuernummer Bezug genommen, gilt die Vollmacht nach Auffassung der Finanzverwaltung grundsätzlich nur für die unter dieser Steuernummer verwalteten Steuer. Soll die Vollmacht umfassend wirken, sollte entweder auf die Angabe der Steuernummer verzichtet werden oder in der Vollmacht deutlich gemacht werden, das die Bevollmächtigung für weitere oder alle Steuerarten gelten soll.


Wirkung der Bevollmächtigung

Ist eine Vollmacht erteilt worden, ist das Finanzamt grundsätzlich verpflichtet, die Korrespondenz ausschließlich mit dem Bevollmächtigten zu führen und wenn zugleich eine Empfangsvollmacht vorliegt, auch die Steuerbescheide dem Bevollmächtigten bekanntzugeben. Nur in Ausnahmefällen darf sich der Fiskus direkt an den Steuerpflichtigen wenden. Das ist etwa der Fall, wenn

  • der Bevollmächtigte nicht auf Zuschriften des Finanzamtes reagiert,
  • der Bevollmächtigte nicht erreichbar ist,
  • es zweifelhaft ist, ob die Vollmacht noch besteht oder
  • nur der Betroffene selbst die erwünschte Auskunft, etwa bei Wissensfragen, geben kann.

Wendet sich das Finanzamt trotz bestehender Vollmacht direkt an den Steuerpflichtigen, soll es den Bevollmächtigten, etwa durch Übersendung einer Abschrift, über den Vorgang informieren.


Erlöschen der Vollmacht

Die Bevollmächtigung kann jederzeit vom Steuerpflichtigen widerrufen werden; für das Finanzamt verbindlich wird der Widerruf erst mit Zugang des Widerrufs beim Finanzamt. Teilt der Steuerberater dem Finanzamt mit, dass er das Mandat niedergelegt hat, muss das Finanzamt von dem Erlöschen der Bevollmächtigung ausgehen. Die Vollmacht erlischt auch, wenn der Bevollmächtigte

  • stirbt oder
  • handlungsunfähig wird.

Anders ist es, wenn der Vollmachtgeber handlungsunfähig wird oder verstirbt: Hier bleibt die Vollmacht grundsätzlich bestehen; den Finanzämtern wird aber empfohlen, zu klären, ob noch ein Vertretungsverhältnis besteht.

Achtung: Wird nach dem Tod des Mandanten die Bevollmächtigung durch den Steuerberater – etwa weil der das Mandat niederlegt - widerrufen, entfällt die Bevollmächtigung. Ein Widerruf des Widerrufes ist nicht möglich. Eine neue Bevollmächtigung muss dann durch den oder die Erben erfolgen. Ist die Erbfolge streitig oder sind sich mehrere Erben nicht einig, kann es erhebliche Probleme mit der Bevollmächtigung geben. Aus diesem Grunde sollte eine Vollmacht nach dem Tod eines Mandanten nicht voreilig widerrufen werden.

Ein Standard-Vollmachtsformular finden Sie hier zum Download.

 

* Über die Autorin:

Susanne Christ ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht. Sie führt eine eigene Steuer- und Wirtschaftskanzlei in Köln. Sie ist langjährige Fachautorin der Haufe Mediengruppe und Dozentin in den Bereichen Einkommen-, Umsatz- und Erbschaftssteuer.

mailto:s.christ@netcologne.de

 

(STB Web)



Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 22.09.2010, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.