24.07.2025 | Unternehmensporträt

Die faire Nuss per Fingerabdruck

Von Manuel Maurer

Während die EU noch über die Umsetzung ihres Lieferkettengesetzes diskutiert, macht ein innovatives Sozialunternehmen vor, wie fairer Handel mit Rohstoffen aus dem globalen Süden praktisch funktionieren kann.

Mitarbeiterin von LIMBUA zeigt eine Macadamia-Nuss
Die Macadamia gilt als eine der gesündesten Nüsse der Welt. Sie wird auch als die "Königin der Nüsse" bezeichnet. (Foto: © LIMBUA)

Der deutsch-kenianische Bio-Macadamia-Produzent LIMBUA (www.limbua-group.com) hat ein digitales System inklusive Fingerabdruck-Verifizierung entwickelt, das volle Transparenz entlang seiner Lieferkette und faire Entlohnung der beteiligten Kleinbauern in Kenia gewährleistet. Dafür wurde das Sozialunternehmen im April mit dem Corporate-Social-Responsibility-Preis der Bundesregierung ausgezeichnet.

Der deutsche Sitz der LIMBUA-Gruppe ist Herrsching am Ammersee im bayerischen Alpenvorland. Das eigentliche Geschehen findet aber 8000 Kilometer entfernt am Fuß des Mount Kenya statt. Dort betreibt LIMBUA vier Produktionsstätten für Bio-Macadamia-Produkte mit rund 900 Mitarbeitenden aus der Region. Die Nüsse bezieht das Unternehmen direkt von umliegenden Kleinbauernhöfen, mittlerweile 9000 an der Zahl.

Bezahlung in Echtzeit auf's Handy

Zur Abnahme der Ernten im Umfang von gut 5000 Tonnen jährlich kommen die 'Field-Officer' mit digitalen Waagen, Laptops und dem Fingerabdruckscanner auf die Höfe. Was wie eine Invasion klingt, ist durchdachte Innovation. Mit dem Digitalsystem kann jede Nusskiste entlang der weiteren Verarbeitung bis zu Verpackung und Versand der Endprodukte eindeutig identifiziert und dem jeweiligen Hof zugeordnet werden. Die Bezahlung erfolgt in Echtzeit auf die Handys der Kleinbauern. Dieses Konzept überzeugt nicht nur die Kleinbauern selbst, sondern auch Kunden und Impact-Finanzierer.

Die von dem Unternehmen selbst entwickelte Software steuert und dokumentiert außerdem die Zertifizierungsprozesse für Bio- und Sozialstandards sowie die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben. Diese Herkunfts- und Qualitätsnachweise sind für die B2B-Kunden von LIMBUA wie auch deren Endkunden zunehmend wichtig.

Vertrieben werden die Macadamias als ganze Nüsse wie auch Halbfabrikate, geröstet oder zu Mus vermahlen, vornehmlich an internationale Großhändler und Lebensmittelproduzenten in Europa und den USA. Zielmarkt in Deutschland ist vor allem der Biofachhandel. Seit 2020 ist LIMBUA zudem Partner des Bio-Herstellers Rapunzel Naturkost und beliefert die bekannte Naturkosmetikmarke Dr. Hauschka mit Bio-Macadamia-Öl.

Kleinbauern-Community statt Monokultur

Die Idee zu der Unternehmung ist bei Gründer und Geschäftsführer Matti Spiecker 2006 nach seinem Wirtschaftsstudium auf einer Weltreise gereift. Er besuchte 40 Social Entrepreneurs in Schwellenländern, darunter viele Bio- und Fair-Trade-Projekte, um von ihnen zu lernen.

Matti Spiecker
Foto: Matti Spiecker, Gründer und Geschäftsführer von LIMBUA

"Mich überzeugte vor allem das Kleinbauernkonzept, das auch die kenianische Landwirtschaft prägt. In vielen anderen Anbauländern für Macadamias sind Monokulturen vorherrschend" erläutert der Unternehmer im Gespräch.

In Kenia lernte er seinen Geschäftspartner Peter Wangara kennen. Die gemeinsame Vision: Den internationalen Markt ohne Zwischenhändler beliefern und dabei so viel Wertschöpfung wie möglich im Land lassen. "Ich war überzeugt, dass man hier mit überschaubaren Mitteln viele Menschen unterstützen kann." so Matti Spiecker. Mit wenigen Kleinbauern 2009 gestartet, sieht sich LIMBUA heute als innovative Schnittstelle zwischen einer stetig wachsenden Kleinbauern-Community in Afrika und Qualitätskunden in aller Welt. Die erwirtschafteten Gewinne fließen wieder in die sozial-ökologischen Projekte des Unternehmens.

Auf Bio-Zertifizierung folgt Abnahmegarantie

Die Höfe müssen allerdings auf ökologischen Landbau umstellen und sich dann bio-zertifizieren lassen. Dazu erhalten sie Unterstützung in Form kostenloser Trainings und Seminare durch Bio-Agronomen. Auditiert wird von externen Prüfern der weltweit tätigen Zertifizierungsstelle Ecocert. Zu den Standardgebern zählen das EU-Bio-Siegel, Naturland, Demeter und Fair-for-Life, um nur einige zu nennen.

Nach dreijähriger Umstellung erhalten die Kleinbauern dann eine Abnahmegarantie ihrer Ernten zu überdurchschnittlichen Preisen. Gleichwohl sind sie nicht verpflichtet, exklusiv an LIMBUA zu verkaufen. Das klingt ungewöhnlich, besteht doch das Risiko, dass die Konkurrenz die Qualitätsware abwirbt. "In der Erntezeit versuchen es Zwischenhändler phasenweise stark", räumt Matti Spiecker ein. "Wir setzen jedoch auf den Aufbau loyaler Beziehungen zu den Kleinbauern für eine dauerhafte Zusammenarbeit."

Nachhaltiges Wachstum schlägt Profitstreben

Bei alledem stellt sich die Frage, wie ein ökologisch orientiertes Sozialunternehmen es schaffen kann, internationale Märkte zu beliefern und Wachstum zu generieren, ohne in die Logik der klassischen Gewinnmaximierung zu fallen. "Man darf vor allem nicht zu schnell wachsen" sagt Matti Spiecker. Es sei aber auf jeden Fall nötig, eine kritische Größe zu erreichen. Nicht nur, um etwa in Deutschland auch das wachsende Biosegment im Lebensmitteleinzelhandel bedienen zu können. "Hier können wir mithalten, indem wir die Qualitätsausbeute erhöhen, also ganze Nüsse statt Bruch liefern. Dabei erzielen wir durch unsere Größe ein noch gutes Preis-Leistungsverhältnis, das ginge sonst nicht."

Unternehmerisches Wachstum sei aber auch für den sozialen Impact wichtig. "Sie müssen Mitarbeitenden Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen bieten und eine Zukunftsperspektive in der Region." Gut umsetzbar sei dies mit einem dezentralen Konzept. "Wir bauen dann bei wachsender Zahl der Vertragshöfe eine weitere Manufaktur in der eingespielten Größenordnung nahe der Höfe auf. So entstehen wieder neue Arbeitsplätze auf dem Land."

Seit 2021 hat LIMBUA sein Sortiment um Avocado-Öl und Bio-Mangos erweitert. Auch in Anbetracht von rund 7,5 Millionen Kleinbauern in Kenia und weltweit steigender Nachfrage nach Bio-Produkten im Lebensmittelsektor erscheinen die Aussichten für LIMBUA, was übrigens übersetzt 'Gute Ernte' heißt, weiter vielversprechend. Oder wie Matti Spiecker sagt: "Da ist noch viel Potenzial".

Foto-Strecke

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LIMBUA-Manufaktur in Ena am Fuß des Mount Kenya
LIMBUA-Manufaktur in Ena am Fuß des Mount Kenya. (Foto: © LIMBUA)
Kleinbäuerin mit Macadamia-Baum
Die Macadamia-Bäume wachsen auf den Höfen in biologischer Mischkultur. (Foto: © LIMBUA)
Abnahme der Nüsse
Die Kleinbauern erhalten eine Abnahmegarantie ihrer Ernten zu überdurchschnittlichen Preisen. (Foto: © LIMBUA)
Fingerabdruck-Verifizierung
Der Ankauf erfolgt über Fingerabdruck-Verifizierung für eine 100%-ige Rückverfolgbarkeit jeder Einheit. Bezahlt wird in Echtzeit über das mobile Bezahlsystem M-Pesa. (Foto: © LIMBUA)
Nusskiste mit Barcode
Der digitale Abdruck bleibt über die gesamte Lieferkette erhalten. (Foto: © LIMBUA)
Blick in die Produktionsanlage
Die Weiterverarbeitung erfolgt in modernen Produktionsanlagen nahe der Höfe. Dadurch schafft LIMBUA viele Arbeitsplätze in der Region, zwischenzeitlich rund 900. (Foto: © LIMBUA)
Selektierung von Nüssen per Sieb
Die Nüsse werden überwiegend in Handarbeit geknackt, sortiert und selektiert. (Foto: © LIMBUA)
Schulung von Kleinbäuer*innen
LIMBUA bildet die Kleinbäuer*innen kontinuierlich im biologischen Anbau aus und schult sie, um die Bio-Zertifizierung zu erlangen. (Foto: © LIMBUA)
3 Mitarbeiterinnen von LIMBUA
Der überwiegende Anteil der rund 900 Mitarbeitenden von LIMBUA sind Frauen. (Foto: © LIMBUA)

Autor:

Manuel Maurer

Manuel Maurer ist Herausgeber und Chefredakteur von STB Web, Online-Fachmagazin für Steuerberater (www.stb-web.de). Neben Entwicklungen in der Steuerbranche und im Steuerrecht zählen Themen rund um nachhaltigeres Wirtschaften zu seinen journalistischen Interessenschwerpunkten. Kontakt auf LinkedIn

Das LIMBUA-Unternehmensporträt entstand im Aufbaulehrgang Wirtschaftsjournalismus an der Deutschen Journalisten-Akademie (DJA).
Hier geht's zum Interview von LIMBUA mit dem Autor