27.05.2025 | Fachartikel/Urteilsbesprechung

Vorweggenommene Erbfolge: Steuerliche Folgen genau prüfen

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DWS Steuerberater Medien GmbH

Von RAin Susanne Christ, Fachanwältin für Steuerrecht

Ein vom BFH entschiedener Sachverhalt zeigt, wie wichtig es bei Regelungen zu vorweggenommenen Erbfolgen ist, sämtliche relevanten Steuerarten durchzuprüfen. Denn die Tücke steckt, wie so häufig, im Detail. Im vorliegenden Fall führte die Übertragung einer fremdvermieteten Immobilie zum Verlust eines Werbungskostenabzugs in schmerzlicher Höhe. Der BFH entschied zum Nachteil der Steuerpflichtigen.

(Foto: © iStock.com/Dutko)

Ein Vater übertrug schenkweise einen Anteil von 2/5 seiner fremdvermieteten Immobilie auf seinen Sohn. Die Immobilie war vom Vater fremdfinanziert worden; jährlich fielen rund 60.000 Euro Schuldzinsen an. Ein Schuldbeitritt des Sohnes zu den Darlehen war nicht erfolgt, der Vater behielt die Darlehensverbindlichkeiten zurück. Im Rahmen der für die Mieteinkünfte einzureichenden Feststellungserklärung wurden die vom Vater getätigten Zinszahlungen in voller Höhe als Sonderwerbungskosten geltend gemacht. Das Finanzamt (und mit ihm das FG) stellte sich auf den Standpunkt, dass nach der unentgeltlichen Veräußerung lediglich ein Anteil von 3/5 der Zinsen als Werbungskosten anzuerkennen ist.

Dies bestätigte nun auch der BFH mit Urteil vom 3. Dezember 2024 (Az. IX R 2/24). Durch die unentgeltliche Zuwendung der Immobilie an den Sohn und ohne dass der Sohn die auf der Immobilie lastenden Schulden mitübernommen hatte, war der Zusammenhang zwischen den Finanzierungskosten und der Vermietung der Immobilie, die sogenannte Objetbezogenheit, anteilig in Höhe von 2/5 entfallen. Der Anteil des Darlehens diente durch die unentgeltliche Übertragung auf den Sohn fortan der Finanzierung der Schenkung, so der BFH. Angesichts von anteiligen Darlehensaufwendungen von rund 25.000 Euro jährlich ist das für die Steuerpflichtigen ein bitteres Ergebnis.

Was bedeutet diese Rechtsprechung für die Praxis?

Die Übertragung von fremdvermieteten Immobilien im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ist nicht nur im Hinblick auf die dadurch möglicherweise entstehenden Schenkungsteuern, sondern auch auf einkommensteuerlichen Folgen zu überprüfen. Denn durch die Schenkung gehen grundsätzlich, wenn nicht etwa ein Nießbrauchsrecht vorbehalten wird, die ertragsteuerlichen Einkünfte aus Vermietung ganz oder teilweise auf die beschenkte Person, im Streitfall auf den Sohn, über.

Insbesondere, wenn noch Schuldzinsen in nennenswerter Höhe zu begleichen sind, ist sorgfältig darauf zu achten, dass diese zukünftig von der beschenkten Person geltend gemacht werden können. Wird diese aber, wie im Streitfall, nicht Schuldnerin des Darlehens, kann sie, wie der BFH unmissverständlich klargemacht hat, auch die Zinsen nicht als Werbungskosten geltend machen; denn sie entstehen ihr nicht. Die schenkende Person, hier der Vater, kann diese ebenfalls nicht (mehr) geltend machen, da der Zusammenhang zwischen dem Darlehen und der Erzielung der Mieteinkünfte anteilig entfallen ist.

Schuldbeitritt der beschenkten Person als Lösung?

Dies lässt sich zwar grundsätzlich durch einen Schuldbeitritt der beschenkten Person vermeiden. Allerdings kann ein solcher Schuldbeitritt dazu führen, dass eine gemischte Schenkung angenommen wird. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass die Immobilie teilweise entgeltlich, teilweise unentgeltlich übertragen wird. Entgeltliche Übertragungen haben andere Folgen als eine unentgeltliche Übertragung. Insbesondere besteht hier das Risiko des Entstehens eines einkommensteuerpflichtigen Spekulationsgewinns, wenn die Immobilie ursprünglich entgeltlich erworben (oder hergestellt) worden ist und der Erwerb beziehungsweise die Herstellung noch keine 10 Jahre zurückliegt.

Fazit: Umfassend prüfen

Der Fall zeigt, wie wichtig bei Regelungen zu vorweggenommenen Erbfolgen eine umfassende steuerliche und rechtliche Beratung sind. Denn die Tücke steckt, wie so häufig, im Detail. In der Beratung ist es erforderlich, sämtliche relevante Steuerarten durchzuprüfen, neben der Schenkungsteuer insbesondere die Einkommen- und Grunderwerbsteuer.

Empfehlenswert ist es darüber hinaus, auch die Umsatzsteuer im Blick zu haben, denn auch hier können sich durch die Übertragung der Immobilie Änderungen beim Vorsteuerabzug ergeben, wenn – falls dies zulässig ist – zur Umsatzsteuer optiert wurde, um die oft sehr hohen Vorsteuerabzüge zu ermöglichen.

Darüber hinaus sind erbrechtliche Aspekte zu berücksichtigen, vor allem, inwieweit diese Schenkung sich auf den Erbteil der beschenkten Person und Pflichtteilsansprüche andere Personen auswirken kann. Wer in diesem Bereich berät, sollte sich steuerlich und erbrechtlich sehr gut auskennen.


Autorin:

Susanne ChristSusanne Christ ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht mit eigener Steuer-, Erb- und Wirtschaftskanzlei in Köln. Seit Juni 2023 ist sie Sprecherin des Erbrechtsausschusses beim Kölner Anwaltsverein. Daneben ist sie langjährige Fachautorin der Haufe Mediengruppe und bei STB Web sowie Dozentin in den Bereichen Einkommen-, Umsatz- und Erbschaftssteuer. Außerdem ist sie Mitautorin des Kommentars „Nachfolgebesteuerung“ (Schmid, Hrsg.), der seit 2019 im Nomos Verlag erscheint. E-Mail: s.christ@netcologne.de