25.04.2025 | Fachkräftegewinnung
Von Manuel Maurer / Interview mit Diplom-Volkswirtin Minou Khodaverdi
Um den Steuerberuf – aber auch die Kanzleien – attraktiver für Berufseinsteiger aufzustellen, haben die Bundessteuerberaterkammer (BStBK), der Deutsche Steuerberaterverband (DStV) und die DATEV gemeinsam eine Fachkräfteinitiative aufgestellt. Über das Konzept und die Social-Media-Kampagne dazu sprachen wir mit der BStBK-Pressesprecherin Minou Khodaverdi.
Manuel Maurer:
Ihre gemeinsame Fachkräfteinitiative fußt im Wesentlichen auf zwei Säulen, einer Imagekampagne, die Jugendliche adressiert, und eine Unterstützungskampagne, die den Berufsstand anspricht. Zur Imagekampagne haben Sie zudem eine großangelegte Social-Media-Kampagne initiiert, um die Zielgruppe zu erreichen. Wie lief das ab?
Minou Khodaverdi:
In der gemeinsamen Arbeitsgruppe von BStBK, DStV und DATEV waren wir uns zu Fragen der Kampagnenstrategie und Gestaltung schnell einig. Um sicherzugehen, dass die von uns favorisierten Motive auch bei der Zielgruppe in den Social Media gut ankommen, haben wir diese an über 1000 Jugendliche bundesweit getestet. Die Gewinnermotive haben wir dann in die Bewerbung geschickt.
Manuel Maurer:
Wann fand diese Kampagne statt?
Minou Khodaverdi:
Unser erster Werbeflight startete bereits im August 2024, es folgte ein zweiter im Januar und Februar 2025. Weitere werden folgen. Die Initiative ist auf fünf Jahre angelegt.
Manuel Maurer:
...Und auf welchen Kanälen?
Minou Khodaverdi:
Wir sprechen ganz gezielt Jugendliche im Alter von 14 bis 20 Jahren auf Plattformen wie Netflix, Twitch, RTL, Stern.de und sowieso TikTok, Facebook und dem Google-Netzwerk an. Unser Ziel: wir ziehen die Aufmerksamkeit der Jugendlichen auf uns und informieren sie dann über die Vorteile des Ausbildungsberufs Steuerfachangestellte:r.
Manuel Maurer:
Hat das denn funktioniert? Den Steuerfachberuf so richtig TikTok-tauglich zu machen – das klingt nach einer Challenge...
Minou Khodaverdi:
Die Erfolge sind enorm. Beide Werbezeiträume haben uns fast 1 Million Besucher auf die Kampagnen-Website www.zahltsichausbildung.de gebracht – und das mit einer hohen Verweildauer von rund 4 Minuten. Vor allem der Eignungstest, aber auch die Ausbildungsplatz- und Praktikumsplatzbörse wurden dabei gut geklickt.
Manuel Maurer:
Das sind beeindruckende Zahlen, das Interesse an dem Berufsfeld lässt sich mit einer adäquaten Ansprache und auf den passenden Kanälen also durchaus wecken. Dennoch kämpft der Berufsstand mit hohen Nichtbesetzungsquoten, auch bei den Ausbildungsplätzen. Wie kann es gelingen, das geweckte Interesse nun in tatsächliche Ausbildungsverhältnisse zu überführen? Fehlt es noch an der richtigen Verbindung zwischen Aufmerksamkeit und Bewerbungsimpuls?
Minou Khodaverdi:
Man muss sich diesen Prozess wie einen Staffellauf vorstellen, jeder übernimmt ein Stück der Strecke. Startläufer ist die Image-Kampagne. Dann übernehmen unsere Landesorganisationen, die Steuerberaterkammern und -verbände. Sie sind die Ansprechpartner in den Regionen: Sowohl für die Jugendlichen selbst, als auch den Berufsstand. Die Landesorganisationen sind dann auf Berufsmessen präsent. Sie stellen Berufsträgern Präsentationen und Werbematerial zur Verfügung, um etwa Schulbesuche zu bestreiten. Den Endspurt legt dann die einzelne Kanzlei ein. Hier geht es dann noch einmal um alles: Praktika und Ausbildungsplätze anbieten – aber auch sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren.
Manuel Maurer:
Dabei geht es um mehr als Obstkörbe und den sonst üblichen bunten Strauß an sogenannten Benefits – sondern auch um eine grundlegende Entwicklung im Sinne einer Unternehmenskultur. Ist das in den Kanzleien schon angekommen?
Minou Khodaverdi:
Das kann man so pauschal nicht sagen, denn "die" Kanzlei gibt es nicht. Dafür ist unser Berufsstand zu heterogen aufgestellt. Auffällig ist aber, dass Kanzleien, die sich als attraktive Arbeitgeber präsentieren, besser auf dem heutigen Bewerbermarkt bestehen und nicht unter ständiger Personalnot leiden. Diese Kanzleien haben sich beispielsweise mit Fragen zur Kanzleikultur, Mitarbeiterbindung und dem Außenauftritt intensiv beschäftigt.
Manuel Maurer:
Genau hier setzt nun Ihre zusätzliche Unterstützungskampagne an...
Minou Khodaverdi:
Richtig. Um möglichst viele Kanzleien auf einem ähnlichen Weg zu unterstützen, haben wir "GEMEINSAM handeln!" initiiert. Auf der Website www.initiative-gemeinsam-handeln.de geben wir den Kanzleien unter anderem Impulse, Checklisten und Best-Practice-Beispiele an die Hand, wie sie das Thema Fachkräfte angehen können.
Manuel Maurer:
Welche Maßnahmen können denn insbesondere kleinere Kanzleien sinnvoll und effektiv umsetzen, die ja in der Regel nicht über eigene HR-Abteilungen verfügen oder größere Agenturen beauftragen können?
Minou Khodaverdi:
Da gibt es eine ganze Reihe von niederschwelligen, aber wirkungsvollen Maßnahmen. Experten sind sich beispielsweise einig, dass ein Praktikum die beste Maßnahme ist, um das Thema Fachkräfte strategisch anzugehen. Das kann ein Schnuppertag oder ein mehrwöchiges Praktikum sein. Praktikanten bringen frische Perspektiven und aktuelles akademisches Wissen ein, was innovative Lösungen und Verbesserungen bestehender Prozesse fördern kann. Langfristig kann dies zu Effizienzsteigerung und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Kanzlei führen. Und auch die Bewerbung eines Praktikantenplatzes ist nicht aufwendig.
Manuel Maurer:
Das klingt nach machbaren und guten Ansätzen. Vielen Dank für den interessanten Einblick!
Die Bundessteuerberaterkammer stellt ein kostenloses Praktikanten-Paket zur Verfügung, das interessierten Kanzleien dabei hilft, Praktikanten mit praxisnahen Aufgaben zu beschäftigen.
Hier geht es zum Praktikanten-Paket.
Zur Person:
Dipl.-Volksw. Minou Khodaverdi ist Pressesprecherin bei der Bundessteuerberaterkammer (www.bstbk.de).
Manuel Maurer ist Herausgeber und Chefredakteur von STB Web, Online-Fachmagazin für Steuerberater (www.stb-web.de). Kontakt auf LinkedIn