27.03.2025 | Fachartikel

Unterrichtsleistungen: Das sollte die Mandantschaft wissen

Von RAin Susanne Christ, Fachanwältin für Steuerrecht

Wann sind Unterrichtsleistungen umsatzsteuerfrei – und wann nicht? Fragen hierzu kommen in der Beratungspraxis häufig auf. In dem vielfältigen Markt der Fortbildungsangebote fällt die Abgrenzung oft schwer. Werden jedoch die Leistungen als steuerfrei behandelt, ohne dass dies sichergestellt ist, kann dies – auch Jahre später noch – zu hohen Nachzahlungen führen. Dieser Beitrag gibt anlässlich einer BFH-Entscheidung eine Systematik der Umsatzsteuerbefreiung von Unterrichts- und anderen Schulungsleistungen.

Der Fortbildungsmarkt in Deutschland verzeichnet in den letzten Jahren ein deutliches Wachstum, nicht zuletzt durch die digitale Transformation und den Fachkräftemangel. (Foto: © iStock.com/Ivanko_Brnjakovic)

Unterrichtsleistungen, seien es Ausbildungs- oder Fortbildungsleistungen, können unter bestimmten Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit sein. Häufig werden solche Leistungen von den Anbietern vorschnell als steuerfrei behandelt, obwohl nicht sichergestellt wurde, dass die Voraussetzungen für die Umsatzsteuerbefreiung tatsächlich vorliegen.

Wird dann beispielsweise im Rahmen einer mehrere Jahre umfassenden Betriebsprüfung festgestellt, dass eine vermeintlich umsatzsteuerfreie Unterrichtsleistung umsatzsteuerpflichtig ist, drohen hohe Nachzahlungsbeträge. Deshalb sollte die Mandantschaft möglichst frühzeitig, im Idealfall bei Gründung des Unternehmens, auf die Problematik hingewiesen werden.

Der Bundesfinanzhof hat in einer aktuellen Entscheidung die Systematik der Umsatzsteuerbefreiung im Zusammenhang mit Flugunterricht dargestellt, die sich  wie im Folgenden dargestellt  gut auch auf andere Unterrichts- und Schulungsleistungen übertragen lassen (Urteil vom 13. November 2024, Az. XI R 31/22).

Steuerbefreiung kraft Bescheinigung

Voraussetzung für die Umsatzsteuerbefreiung ist, dass die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass es sich bei den Leistungen um unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen oder anderer allgemeinbildender Einrichtungen handelt. Liegt eine solche Bescheinigung vor und handelt es sich bei dem fraglichen Umsatz um eine in der Bescheinigung beschriebenen Leistungen, ist die Leistung umsatzsteuerfrei. Dies ist geregelt in § 4 Nr. 21 a, bb UStG.

Liegt die Bescheinigung nicht vor, kann die Steuerbefreiung nach dieser Regelung nicht in Anspruch genommen werden. Allerdings kann diese Bescheinigung auch rückwirkend beantragt werden. Es ist sogar möglich, dass die Finanzverwaltung selbst sie beantragt, wenn sie der Auffassung ist, dass die Voraussetzungen für die Ausstellung der Bescheinigung vorliegen.

Praxishinweis für die Steuerberatung: Selbstständig tätige Lehrer:innen, die ihre Leistungen als Subunternehmen gegenüber anderen Bildungsträgern erbringen, können diese Bescheinigung entweder selbst beantragen oder die Umsatzsteuerbefreiung mithilfe der Bescheinigung der Auftraggeber:in in Anspruch nehmen. In solchen Fällen sollten Sie Ihrer Mandantschaft raten, auf die Vorlage der Bescheinigung bereits bei Durchführung der Bildungsmaßnahme zu achten, damit es nicht bei einer Jahre später stattfindenden Betriebsprüfung Probleme mit dem Nachweis gibt, beispielsweise weil die Parteien keinen Kontakt mehr zueinander haben.

Unmittelbare Steuerbefreiung kraft Gesetzes

Liegen die Voraussetzungen des § 4 Nr. 22 a UStG in Verbindung mit EU-Recht (Art. 132 Abs.1 Buchst. i MwStSystRL) vor, kann die Umsatzsteuerbefreiung auch ohne Vorliegen einer entsprechenden Bescheinigung in Anspruch genommen werden.

Nach dieser Vorschrift sind Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art umsatzsteuerbefreit,

wenn sie von

  • juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
  • von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien,
  • von Volkshochschulen oder
  • Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder
  • Einrichtungen, die den Zwecken von Berufsverbänden dienen,

durchgeführt werden. Weitere Voraussetzung ist, dass die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden.

In diesem Zusammenhang spricht Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL von "Schul- und Hochschulunterricht", der umsatzsteuerfrei gestellt wird. Diese Regelung ist als unmittelbar in Deutschland geltendes Recht anzuwenden. Dabei ist nach gefestigter Rechtsprechung nicht automatisch jede Unterrichtsleistung umsatzsteuerbefreit, sondern die Unterrichtsleistung muss in einem integrierten System erfolgen und setzt voraus, dass ein breites und vielfältiges Spektrum an Unterrichtsstoff vermittelt wird.

Vorbereitung auf einen Beruf oder ein Gewerbe

Spezialisierter Unterricht, etwa Fahrschul- oder Schwimmunterricht, kann zwar auch umfangreiche Inhalte vermitteln, erfolgt aber grundsätzlich nicht in einem auf einen Beruf vorbereitenden Unterricht. Es fehlt an der Integration in eine Berufsvorbereitung. Allerdings ist die Abgrenzung nicht immer einfach. Denn entscheidend für die Abgrenzung ist, ob die Schulungsmaßnahmen einen direkten Bezug zu einem Gewerbe oder einem Beruf hat.

Dieselbe Bildungsmaßnahme, beispielsweise Flugunterricht, kann die Voraussetzungen für die Umsatzsteuerbefreiung erfüllen, wenn sie im Zusammenhang mit der Aus- oder Fortbildung zu einem Beruf /Gewerbe in Anspruch genommen wird. Dient dieser Unterricht, wie im Streitfall, in dem es um eine Privatpilotenlizenz ging, allein privaten Zwecken, ist er nicht umsatzsteuerbefreit.

Wird mit der Unterrichtsleistung auf einen Beruf vorbereitet oder eine Fortbildung für die berufliche Tätigkeit gegeben, kann diese Leistung demnach unmittelbar von der Umsatzsteuer befreit sein, auch wenn keine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde vorliegt. Nicht zu vergessen ist die zusätzliche Voraussetzung, dass die Einnahmen aus der Unterrichtsleistung überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden.

Werblicher Auftritt und Unterrichtsmaterialien

Wer Schulungsmaßnahmen für den beruflichen und gewerblichen Bereich anbietet, hat übrigens gute Chancen, dass die Umsatzsteuerbefreiung anerkannt wird, selbst wenn auch Privatpersonen teilnehmen. Allerdings muss dann auch der werbliche Auftritt und die Unterrichtsmaterialien entsprechend ausgerichtet sein. Und hier schaut die Finanzverwaltung sehr genau hin.

Im Zweifel: Verbindliche Auskunft einholen

Nachteilig daran ist, dass die Frage, ob die Voraussetzungen tatsächlich vorliegen, grundsätzlich nicht vorab geklärt werden können, sondern sich oft erst später, insbesondere im Rahmen von Betriebsprüfungen stellen. In Zweifelsfällen sollte daher der Mandantschaft geraten werden, bei Gründung des Unternehmens eine verbindliche Auskunft beim Finanzamt zu dieser Frage einzuholen, auch wenn diese kostenpflichtig ist.

Ist die Unterrichtsleistung nicht von der Umsatzsteuer befreit, also umsatzsteuerpflichtig, kann im Gegenzug der Vorsteuerabzug geltend gemacht werden. Deshalb sollte in Zweifelfällen außerdem darauf geachtet werden, dass alle Eingangsleistungen so abgerechnet werden, dass sie bei Bedarf, sollte doch eine Umsatzsteuerpflicht angenommen werden, die formalen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllen. Im vom BFH entschiedenen Fall ging es darum, ob die Vorsteuer aus der Anschaffung eines Flugzeugs in Anspruch genommen werden konnte (was der BFH bejahte).

Fazit

Die Frage, ob eine Schulungsleistung umsatzsteuerpflichtig oder von Umsatzsteuer befreit ist, ist nicht einfach zu beantworten. Wem von der zuständigen Landesbehörde eine entsprechende Bescheinigung ausgestellt wurde, kann sich in der Regel sicher sein, wenn die Schulungsmaßnahmen der in der Bescheinigung genannten Maßnahme entspricht.

Liegt eine solche Bescheinigung nicht vor, kann sich die Umsatzsteuerbefreiung unmittelbar aus dem Umsatzsteuergesetz in Verbindung mit EU-Recht ergeben. Hier ist die Abgrenzung nicht einfach. Entscheidend ist, ob mit der Unterrichtsmaßnahme unmittelbar auf einen Beruf oder ein Gewerbe vorbereitet wird.

Wer hingegen ausschließlich Schulungsmaßnahmen für den Privatbereich anbietet, ist stets umsatzsteuerpflichtig.

Das Thema Umsatzsteuer sollte keinesfalls auf die leichte Schulter genommen werden. Wenn sich, etwa im Rahmen einer Betriebsprüfung, herausstellt, dass die Schulungsmaßnahmen umsatzsteuerpflichtig sind, und deshalb für Umsätze mehrerer Jahre Umsatzsteuer nachbezahlt werden muss, kann dies schnell die Existenz kosten. Denn nicht immer kann dies durch einen hohen Vorsteuerabzug aufgrund der Anschaffung eines Flugzeugs kompensiert werden.


Autorin:

Susanne ChristSusanne Christ ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht mit eigener Steuer-, Erb- und Wirtschaftskanzlei in Köln. Seit Juni 2023 ist sie Sprecherin des Erbrechtsausschusses beim Kölner Anwaltsverein. Daneben ist sie langjährige Fachautorin der Haufe Mediengruppe und bei STB Web sowie Dozentin in den Bereichen Einkommen-, Umsatz- und Erbschaftssteuer. Außerdem ist sie Mitautorin des Kommentars „Nachfolgebesteuerung“ (Schmid, Hrsg.), der seit 2019 im Nomos Verlag erscheint. E-Mail: s.christ@netcologne.de