22.01.2021 | Sozialgericht Dresden

Firmenzahlerverfahren: Arbeitnehmer müssen Beiträge nicht zweimal zahlen

Eine Krankenkasse kann von Arbeitnehmern keine freiwilligen Versicherungsbeiträge nachfordern, wenn diese zwar zunächst vom Arbeitgeber gezahlt, aber anschließend im Insolvenzverfahren von der Kasse zurückerstattet worden waren.

Arbeitnehmer*innen, die wegen Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei sind, können sich in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versichern, müssen dann aber die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung selbst bezahlen. In der Praxis ist es jedoch häufig so, dass Arbeitnehmer*innen mit Arbeitgeber*innen eine Vereinbarung treffen, dass die Beiträge direkt vom Lohn einbehalten und an die Krankenversicherung weitergeleitet werden (sog. Firmenzahlerverfahren).

Risiko im Insolvenzfall

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Im Insolvenzfall besteht dann das Risiko, dass Insolvenzverwalter solche Zahlungen erfolgreich anfechten und zurückfordern. Das Sozialgericht Dresden klärte mit Urteil vom 09.12.2020 (Az.: S 25 KR 328/17) die Frage, ob daraufhin die Arbeitnehmer*innen zur erneuten Zahlung an die Krankenkasse verpflichtet sind.

Die Dresdener Richter*innen distanzierten sich dabei von der Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs, indem sie schon die Anfechtung für unwirksam hielten, weil keine Gläubigerbenachteiligung vorliege. Wenn der Arbeitgeber nicht an die Krankenkasse gezahlt hätte, hätte er dem Arbeitnehmer diesen Lohnbestandteil ohne die Möglichkeit der Anfechtung im Insolvenzverfahren auszahlen müssen.

Gegen Treu und Glauben

Außerdem scheide eine Nachforderung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben aus, denn die Krankenkasse habe es versäumt, den Arbeitnehmer über das Risiko einer nochmaligen Beitragsbelastung im Fall der Insolvenz des Arbeitgebers ausdrücklich hinzuweisen. Es verstoße auch gegen Treu und Glauben, wenn die Krankenkasse aus der eigenen Mitwirkung an einer unter Strafandrohung stehenden Gläubigerbegünstigung Ansprüche gegen einen gutgläubigen Versicherten herleite.

(SG Dresden / STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 22.01.2021, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.