23.01.2020 | Interview

Vollmachtsdatenbank: "Wir überwachen die Umsetzung der Verpflichtungszusagen"

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Von Alexandra Buba / Interview mit Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts

Das Bundeskartellamt hat dafür gesorgt, dass die Vollmachtsdatenbank künftig nicht mehr exklusiv von der DATEV betrieben werden kann. Weshalb die bisherige Regelung nicht rechtens war und was dies für die Zukunft bedeutet, erklärt Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts, im Interview mit STB Web.

"Das Ergebnis ermöglicht mehr Wettbewerb zwischen Softwareanbietern." (Foto: Copyright Andreas Mundt © Bundeskartellamt)

STB Web:
Herr Mundt, Ihr Haus hat die deutschen Steuerberaterkammern verpflichtet, künftig die elektronische Legitimation von Steuerberatern über verschiedene Datenbanken zu ermöglichen. Wie ist das Bundeskartellamt auf das Thema aufmerksam geworden? 

Andreas Mundt:
Ausgangspunkt unseres Verfahrens waren Beschwerden von mehreren Softwareanbietern, die sich auf Steuerberater spezialisiert haben. Im Kern ging es darum, dass kleinere Anbieter von Software-Lösungen sich gegenüber dem Platzhirsch DATEV im Nachteil sahen. Denn die elektronische Legitimation von Steuerberatern wurde nur exklusiv von diesem Unternehmen angeboten.

STB Web:
Weshalb haben Sie eingegriffen oder ist das der Regelfall?

Andreas Mundt:
Wir greifen ein, wenn wir eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs auf einem Markt befürchten. Auf dem Softwaremarkt für Steuerberater ist die sogenannte Vollmachtsdatenbank sehr bedeutend. Mit dieser Datenbank können sich Steuerberater gegenüber der Finanzverwaltung für den elektronischen Datenabruf legitimieren. Sie wird bislang ausschließlich durch das Unternehmen DATEV betrieben.

Dies verschafft der DATEV eine sehr starke Stellung als Softwareanbieter für Steuerberater, weil auch diejenigen Steuerberater, die Software-Lösungen kleinerer Anbieter bevorzugen, für den Zugriff auf die Vollmachtsdatenbank in jedem Fall zusätzlich auf die Dienste der DATEV zurückgreifen müssen, um sich zu legitimieren. Diese Monopolstellung bei der Legitimierung schwächt die Marktstellung der kleineren Anbieter und den Wettbewerb.

STB Web:
Wie lief das Verfahren im Einzelnen ab?

Andreas Mundt:
Im Laufe des Verfahrens haben uns die Steuerberaterkammern, die bislang Konzessionen für den Betrieb der Vollmachtsdatenbank exklusiv an DATEV vergeben haben, sogenannte Verpflichtungszusagen angeboten, die jetzt umgesetzt werden.

Sobald die Finanzverwaltung die notwendigen Änderungen an ihren IT-Systemen vorgenommen hat, werden die Steuerberaterkammern die elektronische Legitimation von Steuerberatern über verschiedene Datenbanken ermöglichen. Damit öffnen wir den Markt für Vollmachtsdatenbanken für die Wettbewerber der DATEV.

STB Web:
Was bedeutet das Ergebnis für die gegenwärtige Praxis?

Andreas Mundt:
Das Ergebnis ermöglicht mehr Wettbewerb zwischen Softwareanbietern. Es besteht jedenfalls die begründete Aussicht, dass es künftig eine Auswahl zwischen verschiedenen Legitimationslösungen gibt. Das hilft ganz generell den Softwareanbietern für Steuerberater. 

Gemeinhin ist das gut für den Preis und ermöglicht Innovationswettbewerb. Die Vollmachtsdatenbank wird ab Mitte 2020 neutral betrieben, so dass der DATEV daraus kein Wettbewerbsvorteil mehr erwächst. Gleichzeitig bleiben die gespeicherten Vollmachtsdaten erhalten, so dass die vorhandenen Lösungen weiter genutzt werden können. Unsere Entscheidung gilt bis zum 31. Dezember 2025. Bis dahin überwachen wir die Umsetzung der Verpflichtungszusagen.

STB Web:
Verfolgt das Bundeskartellamt darüber hinaus die weitere Entwicklung oder ist ein Thema für Sie nach einem Beschluss generell abgeschlossen?

Andreas Mundt:
Auch nach unserer Entscheidung verfolgen wir die weiteren Entwicklungen. Das ist alleine schon deshalb geboten, um sicherzustellen, dass die Verpflichtungszusagen auch eingehalten werden. Darüber hinaus bleiben wir mit den Finanzbehörden in engem Kontakt. Auch nach Abschluss eines Verfahrens verlieren wir die Märkte nicht aus dem Blick.

STB Web:
Ist bei Ihnen bereits Beschwerde gegen die Entscheidung eingegangen?

Andreas Mundt:
Nein. Wir haben das Verfahren einvernehmlich mit allen Beteiligten zu Ende gebracht und eine gemeinsame Lösung erarbeitet. So verfahren wir ja oft und gewöhnlich gehen in solchen Fällen auch keine Beschwerden ein. 

STB Web:
Gibt es vergleichbare Konstellationen bei anderen Berufsgruppen? Und Verfahren, die bei Ihnen dazu anhängig sind?

Ohne ein bestimmtes Verfahren zu nennen – grundsätzlich sind offene Standards und Schnittstellen bei der Digitalisierung von Verfahrensabläufen wichtig, um Märkte offenzuhalten und Wettbewerbern einen Zugang zum Markt zu ermöglichen. Die beste Lösung setzt sich dann im Wettbewerb durch.

 

Andreas MundtAndreas Mundt, Jahrgang 1960, gebürtig in Bonn, ist Präsident des Bundeskartellamts. Der Verwaltungsjurist war vor seiner Tätigkeit beim Bundeskartellamt, die 2000 begann, unter anderem Fraktionsreferent der FDP-Bundestagsfraktion. Ende 2009 wurde er auf seinen jetzigen Posten berufen.

Alexandra BubaDas Gespräch führte Alexandra Buba. Sie ist freie Journalistin und spezialisiert auf die Themen der Steuerberatungsbranche (www.medientext.com) und schreibt regelmäßig für die STB Web-Redaktion.


Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 23.01.2020, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.