27.03.2019 | Gestaltungsberatung

Grunderwerbsteuer bei Grundstückserwerb durch Geschwister

Otto-Schmidt-Verlag

Von Susanne Christ, Rechtsanwältin/Fachanwältin für Steuerrecht, Köln *

Zuwendungen von Grundstücken zwischen Geschwister unterliegen, anders als die Grundstückserwerbe von Eltern oder Eheleuten/eingetragenen Lebenspartnerschaften, grundsätzlich der Grunderwerbsteuer. Eine in diesem Zusammenhang interessante Entscheidung hat der Bundesfinanzhof jüngst veröffentlicht.

Die Entscheidung des BFH zeigt, dass es wichtig ist, in die Verträge auch Motive aufzunehmen, weshalb bestimmte Regelungen getroffen werden. (Foto: © Charlie´s - Fotolia.com)

Aus persönlichen Gründen von der Grunderwerbsteuer befreit sind Erwerbe von Personen, die mit der veräußernden Person in gerade Linie verwandt sind, also bei Erwerben von Kindern und Enkelkindern und Eheleuten/eingetragenen Lebenspartnerschaften, grundsätzlich aber nicht die Erwerbe zwischen Geschwistern.

Sachlich von der Grunderwerbsteuer befreit sind Erwerbsvorgänge, die der Erbschafts- oder Schenkungsteuer unterliegen, vgl. § 3 Ziff. 2 Satz 1 GrEStG, also unentgeltliche Erwerbe. Diese Steuerbefreiung wird unabhängig von dem Vorliegen persönlicher Steuerbefreiungen gewährt. Die Steuerbefreiung von der Grunderwerbsteuer gilt übrigens auch in den Fällen, in denen der Erwerb zwar der Erbschafts- und Schenkungsteuer unterliegt, aber wegen der persönlichen erbschaft- und schenkungsteuerlich gewährten Freibeträge keine Erbschafts- und Schenkungsteuer zu zahlen ist. Die Steuerbefreiung von der Grunderwerbsteuer gilt aber nicht für Schenkungen unter einer Auflage, soweit der Wert der Auflage, dazu zählt übrigens auch ein Nießbrauchsrecht, bei der Schenkungssteuer abziehbar ist, vgl. § 3 Ziff. 2 Satz 2 GrEStG. Diese Regelung hat seit Streichung des § 25 ErbStG a.F. zum 1.1.2009 erheblich an Bedeutung gewonnen, da nunmehr sehr viel häufiger der Wert der Auflage aus der Bemessungsgrundlage für die Schenkungsteuer herauszurechnen ist. Bei der Schenkungssteuer ist das eine sehr erwünschtes Ergebnis, aber der Erwerb unterliegt dann ggf. der Grunderwerbsteuer, wenn keine andere Befreiungsvorschrift gilt.

Steuerliche Beratungen zu vorweggenommenen Erbfolgen

Praxishinweis: Lassen Sie bei steuerlichen Beratungen zu vorweggenommenen Erbfolgen die Grunderwerbsteuer nicht aus den Augen, wenn es sich bei den beteiligten Personen um Geschwister oder weiter entfernt Verwandte handelt bzw. gar kein Verwandtschaftsverhältnis besteht. Dies gilt insbesondere auch bei Beteiligten, die in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft leben.

Und noch eine Besonderheit ist zu beachten: Wendet die schenkende Person einer anderen Person einen Gegenstand zu und wird diese Person zugleich verpflichtet, einer dritten Person eine Leistung zu gewähren, kann es sich um eine Zuwendung der schenkenden Person an die bedachte dritte Person handeln. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die Gewährung von persönlichen Steuerbefreiungen, wie die Entscheidung des BFH vom 7.11.2018 (Az. II R 38/15) eindrücklich zeigt.

BFH-Urteil vom 7.11.2018 (Az. II R 38/15)

Im Streitfall hatte eine Mutter ihrer Tochter (T) zunächst eine Immobilie (Grundstück 1) geschenkt. Einige Jahre später schenkte die Mutter der T eine weitere Immobilie, allerdings mit der Auflage, dass die Tochter einen halben Miteigentumsanteil vom Grundstück 1 unter Anrechnung auf dessen Pflichtteil an ihren Sohn, dem Bruder von T, überträgt. Diese Auflage erfüllte die Schwester; das Finanzamt unterwarf den Erwerb zwischen Schwester und Bruder der Grunderwerbsteuer und forderte zunächst Grunderwerbsteuer in Höhe von 5.040 EUR; später wurde der Betrag auf 2.665 EUR herabgesetzt. Nach Auffassung des Finanzamtes handele es sich um einen Erwerb zwischen Geschwistern, für den eine Steuerbefreiung aus persönlichen Gründen nicht gegeben sei.

Anders sahen dies das FG und auch der BFH. Dem lagen folgende Überlegungen zugrunde: Grundsätzlich unterliegen der Grunderwerbsteuer die Verpflichtungsgeschäfte, soweit sie sich auf die Übertragung von inländischem Grundvermögen beziehen, nicht aber die Übereignung der Grundstücke. Dies ist auch der Grund dafür, weshalb in Praxis die Grunderwerbsteuer häufig schon kurze Zeit nach Abschluss des notariellen Grundstückkaufvertrages festgesetzt wird, selbst wenn der Eigentumswechsel am Grundstück längst noch nicht vollzogen ist.

Sonderfall bei der Zuwendung eines Grundstücks in Erfüllung einer Auflage zwischen Geschwistern

Zurück zur Entscheidung des BFH: Die Zuwendung eines Grundstücks in Erfüllung einer Auflage zwischen Geschwistern fällt für sich allein betrachtet weder unter die sachliche Steuerbefreiung nach § 3 Ziff. 2 GrEStG (der Wert der Auflage ist bei der Schenkungsteuer abzuziehen und daher nicht von der Grunderwerbsteuer befreit) noch unter die persönliche Steuerbefreiung nach § 3 Ziff. 6 GrEStG, weil dort Geschwister nicht von der Steuerbefreiung erfasst werden. Doch der BFH entschied, dass es bei einer solchen Konstellation – ein Elternteil schenkt einem Kind ein Grundstück mit der Auflage, einen anderen Grundstücksteil auf ein weiteres Kind zu übertragen – nicht auf die persönliche Beziehung der mit der Auflage belasteten Person (im Streitfall die Schwester) zur erwerbenden Person (im Streitfall der Bruder) ankommt, sondern auf die persönliche Beziehung der schenkenden Person (im Streitfall die Mutter) zur erwerbenden Person (Bruder).

Dies ergebe sich, so der BFH, aus einer Zusammenschau der Befreiungsvorschriften. Ergibt sich bei einer solchen Zusammenschau, dass sich der tatsächlich gewählte Übertragungsweg als abgekürzter Übertragungsweg darstellt und die dadurch vermiedenen Zwischenübertragungen, wenn sie denn gewählt worden wären, jeweils grunderwerbsteuerbefreit gewesen wären, soll auch entgegen dem Wortlaut der Vorschrift der tatsächlich gewählte Weg von der Grunderwerbsteuer befreit sein. Hätte die Tochter den halben Miteigentumsanteil am Grundstück 1 zunächst der Mutter übertragen, wäre dies als Schenkung nach § 3 Ziff. 2 ErbStG von der Grunderwerbsteuer befreit gewesen; die dann folgende Übertragung der Mutter auf den Sohn wäre ebenfalls sachlich als auch persönlich von der Grunderwerbsteuer befreit.  

Motive für die getroffene Regelung vertraglich festhalten

Achtung: Der BFH betont in seiner Entscheidung, dass für eine solche über den Wortlaut hinaus gehende Gewährung der Steuerbefreiung nur dann Raum ist, wenn für den gewählten Weg Gründe vorliegen, die nicht nur in der Erzielung einer Steuerersparnis liegen. Außersteuerliche Gründe können – wie im Streitfall – vorliegen, wenn die Erbfolge neu geregelt werden soll. Im Streitfall hatte die Mutter die Erbfolge zu ihren Kindern neu regeln wollen und dem Sohn unter Anrechnung auf seinen Pflichtteil den Miteigentumsanteil an dem Grundstück 1 zuwenden wollen. Dazu hat sie nicht den komplizierteren Weg (Rückübertragung des Grundstücks 1 auf sich und Weiterübertragung an den Sohn) gewählt, sondern die Tochter durch Auflage veranlasst, den Miteigentumsanteil dem Sohn direkt zu übertragen. Die Entscheidung zeigt, dass es wichtig ist, in die Verträge auch Motive aufzunehmen, weshalb bestimmte Regelungen getroffen werden. So war im Vertrag etwa die Rede von „familiären Gründen“ und „Anrechnung auf den Pflichtteilsanspruch“. Dies sah der BFH als Indiz dafür an, dass die Erbfolge der Mutter neu geregelt werden sollte.

Praxishinweis: Auch wenn im Streitfall der BFH die Grunderwerbsteuerbefreiung bejaht hat, sollte in der Beratung darauf hingewiesen werden, dass solche Gestaltungen dazu führen können, dass eine längere Auseinandersetzung mit der Finanzverwaltung über die Frage der Grunderwerbsteuerbefreiung entstehen kann. Das ist aber nicht immer im Sinne der Mandantschaft; viele haben kein Interesse an einer längeren Auseinandersetzung mit dem Finanzamt. Streitigkeiten mit der Finanzverwaltung können gegebenenfalls durch Einholung einer verbindlichen Auskunft, die zwar kostenpflichtig ist, vermieden werden. Allerdings muss diese vor (!) Verwirklichung des Sachverhaltes eingeholt werden und ist in der Regel nur dann verbindlich, wenn später auch der Sachverhalt so, wie im Antrag auf die verbindliche Auskunft beschrieben ist, verwirklicht wird.


* Über die Autorin:

Susanne ChristSusanne Christ ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht mit eigener Steuer- und Wirtschaftskanzlei in Köln. Sie ist langjährige Fachautorin der Haufe Mediengruppe und bei STB Web sowie Dozentin in den Bereichen Einkommen-, Umsatz- und Erbschaftssteuer. E-Mail: s.christ@netcologne.de

 

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 27.03.2019, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.