19.03.2018 | OLG Hamm

Neulandmethode erfordert besondere Aufklärung

Die Einwilligung einer Patientin zu einer OP mit einer neuen Methode ist unwirksam, wenn die Patientin nicht besonders darauf hingewiesen wird, dass es sich um ein noch nicht allgemein eingeführtes Verfahren handelt, bei dem auch unbekannte Risiken auftreten können. Das hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden.

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Konkret verhandelte das OLG Hamm den Fall einer 62 Jahre alten Patientin, der wegen einer Belastungsharninkontinenz ein Netz operativ eingebracht worden war. Nach der OP litt die Frau an einer Dyspareunie und einer restlichen Harninkontinenz. Bis zum April 2009 unterzog sie sich fünf weiteren Operationen, bei denen weite Teile des Netzgewebes entfernt wurden. Danach verblieben persistierende Schmerzempfindungen. Unter anderem mit der Begründung, unzureichend über alternative Behandlungsmethoden und Risiken der Neulandmethode aufgeklärt worden zu sein, verlangte die Frau Schadensersatz von der Klinik, insbesondere ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 50.000 Euro.

35.000 Euro Schmerzensgeld gerechtfertigt

Dem hat die Vorinstanz teilweise stattgegeben und der Frau nach einem Gutachten ein Schmerzensgeld in Höhe von 35.000 Euro zugesprochen. Zurecht, wie das Oberlandesgericht Hamm mit Urteil vom 23.01.2018 (Az. 26 U 76/17) entschieden hat. Der operative Eingriff sei rechtswidrig gewesen, weil die Patientin zuvor fehlerhaft über die unzureichende Erfahrung mit den möglichen Folgen des neuen Operationsverfahrens aufgeklärt worden sei.

Sie sei zwar neben der Neulandmethode auch über ein standardisiertes, klassisches Operationsverfahren aufgeklärt worden. Ihre Aufklärung über die Neulandmethode sei allerdings unzureichend gewesen, weil sie nicht in hinreichender Weise auf die noch nicht abschließend bekannten Risiken hingewiesen worden sei. Die klinische Erprobungsphase des seit dem Jahre 2005 zunächst in den USA eingesetzten Verfahrens sei noch nicht abgeschlossen gewesen. Der Patientin hätte ausdrücklich verdeutlicht werden müssen, dass auch unbekannte Komplikationen auftreten können.

(OLG Hamm / STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 19.03.2018, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.