05.10.2017 | Europäische Kommission
Die Europäische Kommission hat am 4. Oktober 2017 eine weitreichende Reform des EU-Mehrwertsteuersystems vorgeschlagen. Durch die Neuregelung soll das System für Regierungen und Unternehmen gleichermaßen verbessert und modernisiert werden.
Den EU-Ländern sind laut einer Studie der Europäischen Kommission im Jahr 2015 schätzungsweise insgesamt rund 152 Mrd. Euro an Einnahmen aus der Mehrwertsteuer entgangen. Durch die sogenannte "Mehrwertsteuerlücke" fehlen den Mitgliedstaaten Einnahmen, die für Schulen, Straßen und Gesundheitsversorgung verwendet werden könnten. Schätzungen zufolge verursacht allein der grenzüberschreitende Betrug Mehrwertsteuereinbußen von rund 50 Mrd. Euro (d.h. 100 Euro pro EU-Bürger) jährlich.
Mit ihrem Reformpaket schlägt die Kommission vor, das derzeitige Mehrwertsteuersystem grundlegend zu verändern, indem der Verkauf von Waren von einem EU-Land in ein anderes in gleicher Weise besteuert wird wie der Verkauf von Waren innerhalb desselben Mitgliedstaats.
Zentrales Online-Portal für grenzüberschreitend tätige Unternehmen
Künftig soll auf den grenzüberschreitenden Handel zwischen Unternehmen Mehrwertsteuer erhoben werden. Diese Art von Handel ist derzeit von der Mehrwertsteuer befreit, was skrupellose Unternehmen dazu verleiten würde, die Mehrwertsteuer einzuziehen und dann zu verschwinden, ohne die Mehrwertsteuer an die Regierung abzuführen.
Miteiner zentralen Anlaufstelle soll es einfacher für grenzüberschreitend tätige Unternehmen werden, ihren mehrwertsteuerlichen Pflichten nachzukommen. Unternehmer sollen in einem einzigen Online-Portal in ihrer eigenen Sprache und nach den gleichen Regeln und administrativen Mustern wie in ihrem Heimatland Erklärungen abgeben und Zahlungen durchführen können. Die Mitgliedstaaten leiten einander dann die Mehrwertsteuer weiter, wie dies bei elektronischen Dienstleistungen bereits der Fall ist.
"Zusammenfassende Meldung" soll wegfallen
Desweiteren sollauf das "Bestimmungslandprinzip" umgestellt werden, bei dem der endgültige Betrag der Mehrwertsteuer stets an den Mitgliedstaat des Endverbrauchers entrichtet wird und dem in diesem Mitgliedstaat geltenden Satz entspricht. Schließlich sollen die Vorschriften für die Rechnungslegung vereinfacht werden, sodass die Verkäufer auch beim grenzüberschreitenden Handel Rechnungen gemäß den Vorschriften ihres eigenen Landes stellen können. Die Unternehmen müssten dann künftig keine Liste von grenzüberschreitenden Transaktionen in Form einer "zusammenfassenden Meldung" für ihre Finanzbehörde mehr erstellen.
"Zertifizierter Steuerpflichtiger"
Durch den heutigen Vorschlag wird ferner der Begriff "zertifizierter Steuerpflichtiger" eingeführt. Darunter werden vertrauenswürdige Unternehmen verstanden, die von einfacheren und zeitsparenden Vorschriften profitieren sollen. Zudem wurden vier "schnelle Lösungen" vorgeschlagen, die ab dem Jahr 2019 zur Anwendung kommen sollen. Diese von den Mitgliedstaaten ausdrücklich geforderten kurzfristigen Maßnahmen sollen dazu dienen, das derzeitige Mehrwertsteuersystem bis zur Einführung der endgültigen Regelung zu verbessern.
Weiteres Vorgehen
Dieser Legislativvorschlag wird nun den Mitgliedstaaten im Rat zur Zustimmung und dem Europäischen Parlament zur Stellungnahme vorgelegt. Die Kommission wird anschließend im Jahr 2018 einen detaillierten Vorschlag zur Änderung der sogenannten Mehrwertsteuerrichtlinie auf technischer Ebene vorlegen, damit die heute vorgeschlagene endgültige Mehrwertsteuerregelung reibungslos umgesetzt werden kann.
(EU / STB Web)
Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 05.10.2017, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.