29.03.2017 | Bundesfinanzhof

Nicht geltend gemachter Pflichtteilsanspruch gehört zum (steuerpflichtigen) Nachlass

Ein vom Erblasser (bisher) nicht geltend gemachter Pflichtteilsanspruch gehört zu seinem Nachlass und unterliegt bei seinem Erben der Besteuerung aufgrund Erbanfalls. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden. Damit entsteht die Erbschaftsteuer bereits mit dem Tode des Pflichtteilsberechtigten, ohne dass es auf die Geltendmachung des Anspruchs durch dessen Erben ankommt.

Im Streitfall war der Kläger Alleinerbe seines Vaters. Dem Vater stand wegen einer Erbausschlagung ein Pflichtteilsanspruch in Höhe von 400.000 Euro zu, den er aber gegenüber dem Verpflichteten nicht geltend gemacht hatte. Nach dem Tod des Vaters beanspruchte jedoch der Sohn als neuer Anspruchsinhaber den geerbten Pflichtteil. Das Finanzamt rechnete den Pflichtteilsanspruch dem erbschaftsteuerpflichtigen Erwerb des Klägers bereits auf den Todeszeitpunkt seines Vaters hinzu. Der Kläger machte hiergegen geltend, dass ein Pflichtteil immer erst mit seiner Geltendmachung der Besteuerung unterliege. Das Finanzgericht wies die dagegen erhobene Klage ab.

Keine Doppelbesteuerung beim Erben

Der BFH bestätigte die Vorentscheidung mit Urteil vom 7. Dezember 2016 (Az. II R 21/14). Ein vom Erblasser nicht geltend gemachter Pflichtteilsanspruch unterliegt bei seinem Erben der Besteuerung bereits aufgrund des Erbanfalls. Das Vermögen des Erblassers geht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge als Ganzes auf den Erben über. Dazu gehört auch ein dem Erblasser zustehender Pflichtteilsanspruch, weil dieser Anspruch kraft Gesetzes vererblich ist. Für die Besteuerung ist nicht erforderlich, dass der Erbe den geerbten Pflichtteilsanspruch geltend macht. Dabei besteht nicht die Gefahr einer doppelten Besteuerung beim Erben. Der Erbe eines Pflichtteilsanspruchs muss nur beim Anfall der Erbschaft Erbschaftsteuer für den Erwerb des Anspruchs bezahlen. Eine spätere Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs durch ihn löst keine weitere Erbschaftsteuer aus. Macht der Erbe - anders als im Streitfall - den Anspruch gegenüber dem Verpflichteten (ebenfalls) nicht geltend, bleibt es aber dabei, dass für den Erwerb des Anspruchs dennoch Erbschaftsteuer anfällt.

Demgegenüber unterliegt ein Pflichtteilsanspruch, der in der Person des Pflichtteilsberechtigten entsteht, erst mit der Geltendmachung der Erbschaftsteuer. Der Pflichtteilsberechtigte kann also - anders als sein eigener Erbe - die Erbschaftsteuer dadurch vermeiden, dass er nicht die Erfüllung seines Pflichtteilsanspruchs verlangt.

(BFH / STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 29.03.2017, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.