10.01.2017 | Erbrecht

Berliner Testament: Vorsicht vor der Bindungsfalle

Die Notarkammern weisen in einer aktuellen Mitteilung auf die Problematik der Bindungsfalle beim sog. Berliner Testament hin. Danach setzen sich Ehepaare und Lebenspartner gegenseitig als Alleinerben ein und ihre Kinder als Erben des Längstlebenden. Weitere Regelungen enthalten diese Testamente häufig nicht. Doch es ist Vorsicht geboten.

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Wenn nach dem Tod eines Ehegatten der überlebende Ehegatte ein neues Testament errichtet und andere Personen als Erben benennt, kann es im Erbfall zum Streit darüber kommen, ob er dazu berechtigt war. "Es könnte nämlich sein, dass der überlebende Ehegatte in die Bindungsfalle getappt ist", warnt Dr. Carsten Walter, Geschäftsführer der Notarkammer Baden-Württemberg.

Errichtung eines neuen Testaments nach Tod des Partners?

Ein Beispiel: Nach dem Tod eines verwitweten Erblassers taucht neben einem älteren Berliner Testament, das der Erblasser mit seinem vorverstorbenen Ehegatten errichtet hatte, ein Einzeltestament jüngeren Datums auf. Dieses neue Testament sieht nun eine vom gemeinschaftlichen Testament abweichende Erbfolge vor und beruft beispielsweise auch den neuen Ehegatten oder die Kinder aus zweiter Ehe zu Erben. Dann stellt sich die Frage, ob die in dem Einzeltestament getroffenen Verfügungen wirksam sind.

Grenzen der Testierfreiheit

In derartigen Fällen haben die in dem jüngeren Testament benannten Erben in der Regel das Nachsehen und gehen leer aus. Zwar gilt im deutschen Erbrecht der Grundsatz der Testierfreiheit, d.h. der Erblasser kann grundsätzlich frei über die Verteilung seines Nachlasses entscheiden. Die Testierfreiheit findet aber dort ihre Grenzen, wo sich der Einzelne – etwa in einem gemeinschaftlichen Testament, möglicherweise sogar ohne dass ihm dies bewusst ist – bereits wirksam gebunden hat. Dann ist der Erblasser unter Umständen daran gehindert, zu einem späteren Zeitpunkt eine den geänderten Lebensverhältnissen entsprechende Regelung seines Nachlasses zu treffen.

Widerruf wechselbezüglicher Verfügungen?

"Wechselbezügliche Verfügungen können zu Lebzeiten der Ehegatten einseitig nur durch notariell beurkundete Erklärung widerrufen werden", erläutert Dr. Walter. "Mit dem Tod eines Ehegatten ist der andere Ehegatte daran gehindert, wechselbezügliche Verfügungen zu widerrufen oder abweichend hiervon letztwillig neu zu verfügen. Man spricht deshalb auch von der Bindungsfalle des Berliner Testaments." Ist der überlebende Ehegatte in dem gemeinschaftlichen Testament nicht zu einer anderweitigen Verfügung ermächtigt worden, erlangt er seine Testierfreiheit nur dann zurück, wenn er das ihm Zugewendete ausschlägt. "Bei der Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments sollte man sich deshalb unbedingt fachkundig beraten lassen", empfiehlt Dr. Walter.

(Pressedienst der Notarkammern / STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 10.01.2017, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.