14.12.2016 | Berufsstand

Steuerberaterinnen: Niedrigere Honorare bei gleicher Qualifikation

Von Alexandra Buba *

Die aktuelle STAX-Umfrage der Bundessteuerberaterkammer widmet sich detailliert den Unterschieden zwischen männlichen und weiblichen Berufsangehörigen. Tatsächlich scheint die Analyse branchenübergreifende Erkenntnisse zu bestätigen: Steuerberaterinnen nehmen niedrigere Stundensätze, erwirtschaften weniger persönlichen Überschuss und sind außerdem unzufriedener mit ihrer Job-Situation als Männer. Es gibt aber auch ein paar hoffnungsvolle Punkte: Frauen holen im Berufsstand zahlenmäßig insgesamt auf, sind jünger und steigern - von niedrigerem Niveau - ihre Preise stärker als Männer. 

Steuerberaterinnen verdienen durchschnittlich 35 Euro und Männer 50 Euro die Stunde. Der Unterschied zwischen ost- und westdeutschen Frauen ist allerdings immens. (Foto: © Hero Images / gettyimages)

Zum zweiten Mal ließ die Bundessteuerberaterkammer den Berufsstand intensiv befragen, heraus kam ein umfassendes Bild, das insbesondere die wirtschaftliche Situation der Kanzleien in den Fokus nimmt, aber auch ein Stimmungsbild zu den zahlreichen drängenden Fragen abgibt.

Insgesamt nahmen knapp 5.500 Steuerberaterinnen und Steuerberater in Ost- und Westdeutschland an der Befragung teil, im Osten mehr Frauen (55,5 Prozent) als Männer. Bereits diese Tatsache indiziert, dass auf den Berufsstand der Steuerberater genau das zutrifft, was grundsätzlich für die Situation der berufstätigen Frauen im Osten gilt: Sie waren durch das sozialistische System der Vergangenheit viel früher deutlich stärker beruflich engagiert als Frauen im Westen.

Kürzer und weniger intensiv im Beruf

Über das gesamte Bundesgebiet hinweg betrachtet sind die Frauen, die sich an STAX beteiligt haben, kürzer im Beruf als ihre männlichen Kollegen. Über 77 Prozent sind weniger als 20 Jahre als Steuerberaterin tätig, bei den Männern sind dies nur gut 63 Prozent. Zudem sind Frauen seltener zu 100 Prozent selbstständig tätig als Männer. Bei den für STAX befragten arbeiten 45,9 Prozent der Frauen ausschließlich als selbstständige Steuerberaterinnen, bei den Männern sind dies 53,6 Prozent. Auffällig ist, dass diese Quote seit der letzten Befragung, die Daten von 2014 analysiert hatte, bei beiden Geschlechtern gesunken ist.

Qualifiziert sind die Frauen im Übrigen annähernd so wie die Männer im Berufsstand: 96,5 Prozent haben den Titel (97 Prozent der Männer). Interessant ist zudem die Wochenarbeitszeit: So arbeiten nur 6,8 Prozent der Steuerberaterinnen weniger als 20 Stunde in der Woche, aber 8,3 Prozent der Männer. Die Mehrheit der Frauen verbringt zwischen 40 und 49 Stunden in der Kanzlei (36,4 Prozent). Zum Vergleich: Bei den Männern geben nur knapp 31 Prozent diese Arbeitsdauer an. Dafür arbeiten Männer häufiger länger: Über die Hälfte von ihnen gibt an, mehr als 50 Stunden in der Kanzlei tätig zu sein. Bei den Frauen sagen dies nur 32,5 Prozent. Im Osten Deutschlands arbeiten Frauen im Übrigen erwartungsgemäß länger als im Westen: So liegt ihre durchschnittliche Wochenarbeitszeit mit 44,7 Stunden fast so hoch wie die der Männer (47,0 Stunden).

35 statt 50 Euro pro Stunde

Wichtig sind diese Fakten deshalb, weil die Dauer der Berufstätigkeit, die wöchentliche Arbeitszeit und das Lebensalter die Höhe der Umsätze beeinflussen. Die kürzere Berufszugehörigkeit und die geringere Wochenarbeitszeit tragen bei Frauen dazu bei, dass ihr persönlicher durchschnittlicher Honorarumsatz bei 178.000 Euro liegt, die Männer erwirtschaften 256.000 Euro. Signifikant sind hier die Unterschiede zwischen Ost und West: Ostdeutsche Steuerberaterinnen machen 210.000 Euro Umsatz, westdeutsche 158.000. Bei den Männern ist das Verhältnis genau umgekehrt. Hier liegen die westdeutschen mit 258.000 Euro vor den ostdeutschen mit 247.000 Euro Umsatz.

Diese Differenz setzt sich beim persönlichen Überschuss fort: Ostdeutsche Beraterinnen verfügen über 78.000 Euro persönlichen Überschuss aus selbstständiger Tätigkeit, westdeutsche nur über 67.000 Euro. Die Männer, bei denen die Unterschiede viel geringer ausgeprägt sind, liegen gesamtdeutsch bei 107.000 Euro.

Rechnet man dies nun auf die Stunde um, so verdienen Steuerberaterinnen 35 Euro und Männer 50 Euro die Stunde. Der Unterschied zwischen ost- und westdeutschen Frauen ist wieder immens: Frauen im Osten liegen bei 39 Euro, die Männer dort bei 46 Euro. In Westdeutschland beträgt der Unterschied zwischen den Geschlechtern dagegen 17 Euro pro Stunde (34 und 51 Euro pro Stunde). Auffällig ist, dass die ostdeutschen Steuerberaterinnen ihren persönlichen Überschuss pro Stunde im Vergleich zur Vorläuferuntersuchung von 28 auf 39 Euro – und damit um fast 40 Prozent – innerhalb von drei Jahren steigern konnten.

Niedrigere Preise mit Tendenz nach oben

Diese Unterschiede kommen nicht allein durch Arbeitszeitmodelle oder Berufszugehörigkeiten zustande. Denn betrachtet man ausschließlich den persönlichen Umsatz der Vollzeitsteuerberater, fällt auf, dass hier die Kluft zwischen Frauen und Männern fast genauso groß ist: 314.000 Euro erwirtschaften Männer, die in Vollzeit ihre Kanzlei führen, 229.000 Euro Frauen – das sind 27 Prozent weniger (im Vergleich zu 30 Prozent bei Einbezug auch derjenigen Selbstständigen, die in Teilzeit ihre Kanzlei führen).

Für die Erklärung des Umsatzunterschieds spielen daher andere Faktoren als Arbeitszeiten eine Rolle. Ein genauer Blick in die Statistik zeigt zum Beispiel, dass Frauen sich strikter an die Steuerberatervergütungsordnung halten und seltener Vergütungsvereinbarungen mit ihren Mandanten treffen. Tun sie dies dann doch, dann eher zu moderateren Konditionen.

Das verdeutlicht die Analyse der durchschnittlich verlangten Stundenhonorare. Die durchschnittlich niedrigsten Stundensätze bei der Abrechnung von Zeithonoraren mittels Vergütungsvereinbarungen liegen bei Männern bei 75 Euro, bei Frauen sind es 63. Allerdings gilt, dass Männer diesen Satz seit 2011 um 8,7 Prozent, Frauen um 10,5 Prozent steigern konnten. Das trifft allerdings ausschließlich für die niedrigen Sätze zu. So liegen Regelstundensätze bei 101 und 84 Euro, die höchsten bei 136 beziehungsweise 108 Euro, und in beiden Bereichen konnten die Männer die Preise deutlich stärker steigern als die Frauen.

Blickt man auf die durchschnittliche Zeitgebühr für Leistungen mit hohem Schwierigkeitsgrad bei der Abrechnung über StBVV, so zeigt sich, dass Frauen mit 102 Euro auch hier hinter den Männern (116 Euro) liegen. Doch die Steigerungsquote der Frauen liegt mit 18,7 Prozent deutlich über der der Männer (11,6 Prozent). Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Zeitgebühr für Leistungen mit mittlerem Schwierigkeitsgrad, auch bei den einfacheren Tätigkeiten steigerten die Frauen ihre Stundensätze etwas stärker als Männer.

Weniger Fleiß und Konkurrenzangst

Dabei gilt im Übrigen nicht uneingeschränkt das Klischee, dass Frauen bescheidener und lernfleißiger zu geringeren Einkommen kämen. Bei der Fortbildungsbereitschaft sagen etwa deutlich mehr Frauen als Männer, dass sie nur zwei oder weniger Stunden pro Woche aufwenden, um fachlich auf dem Laufenden zu bleiben (42,7 zu 31,3 Prozent bei den Männern). Männer investieren eher drei bis fünf Stunden in Fortbildung.

Dafür haben Steuerberaterinnen etwas weniger Angst vor der Konkurrenz; 58,9 Prozent der Männer sehen mehr Wettbewerber auf dem Markt, aber nur 56,6 Prozent der Frauen. Als die größten Konkurrenten werden im Übrigen Berufskollegen vor Bilanzbuchhaltern ausgemacht.

Die gelassenere Sicht auf den Wettbewerb macht indes nicht unbedingt zufriedener: Nur 66,2 Prozent der Steuerberaterinnen vergeben für ihre berufliche Zufriedenheit die Note eins oder zwei, bei den Männern sind dies knapp 73 Prozent. Auch die Zukunftsaussichten ihrer Kanzlei schätzen die Beraterinnen verhaltener ein als Männer. So glauben nur 31,8 der Frauen, dass die wirtschaftliche Entwicklung positiv verläuft, während dies 33,4 Prozent der Männer so sehen. Allerdings befürchten auch weniger Frauen als Männer, dass sie im Jahr 2016 schlechter abschneiden als in den Vorjahren. (10,1 zu 12,9 Prozent der Männer).

Alles in allem bildet damit auch STAX keine andere Geschlechterrealität ab als Analysen aus anderen Branchen. Verhalten optimistisch können Steuerberaterinnen aber aufgrund der positiven Entwicklung in etlichen Bereichen dennoch sein.


* Autorin:

Alexandra Buba ist freie Journalistin und spezialisiert auf die Themen der Steuerberatungsbranche. Ihr besonderer Schwerpunkt sind Management- und IT-Themen (www.medientext.com)

(STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 14.12.2016, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.