09.09.2016 | Unternehmen

Insolvenzrecht: ESUG-Studie 2016

Wie eine neue Studie zeigt, scheint das "Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen" (ESUG) in der Praxis angekommen zu sein: 91 Prozent der Studienteilnehmer haben bereits Erfahrung mit einer vorläufigen Eigenverwaltung gemacht, 88 Prozent mit Schutzschirmverfahren und 87 Prozent mit vorläufigen Gläubigerausschüssen.

Für die Studie, die zum vierten Mal verfasst wurde, haben die Autoren 1.600 Entscheider aus Deutschland befragt – darunter Gläubiger, Insolvenzverwalter, Rechtsanwälte, Richter, Investoren und Manager. Diese äußerten sich zu ihren praktischen Erfahrungen im Umgang mit dem neuen Insolvenzrecht sowie darüber, wie sie das von der EU-Kommission geplante europaweite vorinsolvenzliche Sanierungsverfahren einschätzen.

Vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren soll das Instrumentarium abrunden

Aus Sicht der Experten ist es besonders wichtig, dass durch eine Neuregelung die Mehrheitsbindung verbindlich wird (71 Prozent) und "Akkordstörer" eingedämmt werden können (60 Prozent). "Im Gegensatz zum europäischen Ausland fordern aber deutsche Sanierungsexperten Zugangsbeschränkungen und klare Regeln, um unkalkulierbare Risiken zu vermeiden", sagt Rainer Bizenberger, Partner von Roland Berger.

Nach Ansicht von 69 Prozent der Befragten sollte der Eintritt in das vorinsolvenzliche Verfahren nur im Stadium der Existenz- oder Liquiditätskrise möglich sein. "Das Verfahren sollte in der Regel nicht öffentlich ablaufen, damit Unternehmen keine leistungswirtschaftlichen Nachteile aus dem Verfahren erleiden", ergänzt Bizenberger. Weiterhin sind 60 Prozent der Umfrageteilnehmer der Meinung, dass ein formaler Prozess erst bei Verabschiedung des Sanierungsplans notwendig sein sollte. Dadurch können Unternehmen und Gläubiger schnell, flexibel und effizient verhandeln und dann eine verbindliche Entscheidung erreichen.

Komplexität bei Antragstellung auf Eigenverwaltung weiterhin hoch

Rund 60 Prozent der Sanierungsexperten glauben, dass vor allem die gestiegene Anzahl der Beteiligten und ihre unterschiedlichen Interessen dazu führen, dass die Antragsstellung auf Eigenverwaltung immer schwieriger wird. Auch die Anforderungen an die Dokumentation empfindet rund die Hälfte der Befragten (49 Prozent) weiterhin als komplex.

Obwohl das ESUG erhebliche Erleichterungen bei Eigenverwaltungen ermöglicht hat, bleibt die Erstellung eines schlüssigen und umfassenden Sanierungskonzepts die größte Herausforderung bei der Antragstellung. Ein gut vorbereiteter und eng mit dem verantwortlichen Insolvenzrichter abgestimmter Antrag ist deshalb besonders erfolgskritisch und führt in den meisten Fällen zu einer späteren Eröffnung des Verfahrens in Eigenverwaltung.

Kritische Beurteilung der Rechtssicherheit bei den meisten ESUG-Instrumenten aus Sicht der Befragten rückläufig. Dennoch wird der vorläufige Gläubigerausschuss, wohl aufgrund aktueller Haftungsrechtsprechung kritischer gesehen. 47 Prozent der Umfrageteilnehmer sind der Meinung, dass sich die Insolvenzgerichte noch vergleichsweise schwer mit den ESUG-Regelungen tun.

Download:

ESUG-Studie 2016

(Roland Berger / STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 09.09.2016, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.