09.09.2016 | Erbschaftsteuerreform

Erbschaftsteuer: Nutzung der Firmenprivilegien hat Minderjährige zu Multimillionären gemacht

Mit Blick auf die Erbschaftsteuerreform wurden erhebliche Unternehmensvermögen steuerfrei übertragen. Wie eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zeigt, haben davon in erster Linie Kinder unter 14 Jahren profitiert: 90 Kinder, die 2011 bis 2014 mindestens 20 Millionen Euro steuerfrei übertragen bekamen, erhielten im Schnitt 327 Millionen Euro.

Berechnungen des DIW-Steuerexperten Stefan Bach zufolge erhielten Minderjährige in den Festsetzungsjahren 2011 bis 2014 insgesamt 37,3 Milliarden Euro und damit mehr als ein Viertel aller steuerfreien Übertragungen, für die Altersangaben vorliegen. 29,4 Milliarden Euro davon gingen an 90 Kinder im Alter von unter 14 Jahren, denen jeweils ein Vermögen von mindestens 20 Millionen Euro übertragen wurde – das entspricht durchschnittlich 327 Millionen Euro pro Kind. "Offenbar haben vieler Unternehmerfamilien die günstigen erbschaftsteuerlichen Rahmenbedingungen seit dem Jahr 2009 genutzt, um Unternehmen oder Unternehmensanteile ungewöhnlich frühzeitig an die sehr junge Nachwuchsgeneration weiterzugeben", so Bach. Gemeinsam mit seinem Kollegen Thomas Mertz hat er im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung Daten der Erbschaft- und Schenkungsteuerstatistik nach dem Alter und nach dem Geschlecht der Empfängerinnen und Empfänger ausgewertet. Dabei zeigte sich auch, dass Frauen in den Jahren 2011 bis 2014 nur halb so viel Unternehmensvermögen steuerfrei geschenkt bekamen wie Männer. Auch bei hohen Erbschaften waren Frauen benachteiligt.

Studienergebnisse verdeutlichen Dilemma der Firmenprivilegien

Die hohen Unternehmensübertragungen an Minderjährige und insbesondere an Kinder unter 14 Jahren machen nach Ansicht der Autoren das Dilemma der Firmenprivilegien bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer deutlich. "Es werden in erheblichem Umfang Personen begünstigt, die sich nicht aktiv im Unternehmen engagieren und keine besonderen unternehmerischen Risiken tragen", sagt Bach. "In diesen Fällen werden hohe Steuervorteile gewährt, ohne dass die Existenz der Firmen durch spürbare Erbschaftsteuern unmittelbar bedroht wäre." Es sei daher richtig, die Privilegien für Unternehmensübertragungen mit der Gesetzesnovelle zumindest zu begrenzen. "Sicherlich sollten Familienunternehmen durch die Erbschaft- und Schenkungsteuer nicht in ihrer langfristigen Entwicklung gefährdet werden – ein angemessener Beitrag, der die Chancengleichheit innerhalb einer Generation erhöht und die Vermögenskonzentration begrenzt, wäre aber sinnvoll", so Bach.

(DIW / STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 09.09.2016, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.