22.06.2016 | Kanzleimanagement

Outsourcing der Honorare: Mehr Zeit für die Kernkompetenz

Von Jan Pieper *

Organisatorisch sind Ärzte in Teilen viel weiter als andere freie Berufen – jedenfalls in Bezug auf Honorare. Während Steuerberater und Rechtsanwälte erst seit ein paar Jahren Verrechnungsstellen für sich entdecken, setzen Ärzte schon seit über 90 Jahren auf diesen Service. Mit Blick auf die Mandanten ist diese Spätzündung ein Vorteil: Verrechnungsstellen sind bekannt und akzeptiert. Zudem sprechen aus der internen Sicht einige Argumente für diese Form des Outsourcings.

Foto: Jan Pieper, StBVS 

Manche Dinge im Kanzleialltag werden einfach so nebenbei erledigt – hier mal ein, zwei Rechnungen schreiben, kurz die Zahlungseingänge des Tages mit den offenen Posten abgleichen, vielleicht noch ein Erinnerungstelefonat mit einem langjährigen Mandanten… Jeder Schritt für sich genommen nimmt nur wenig Zeit in Anspruch, in der Summe kann sich aber ein stattlicher Berg Arbeit anhäufen. Dies gilt schon für kleinere Kanzleien, die „nur“ um die 100 ausgehende Rechnungen pro Quartal stellen, und noch viel mehr für Großkanzleien mit 2.000 oder mehr Mandanten. Je mehr Schultern die Aufgaben in der Honorarabwicklung tragen, desto weniger fällt der Ressourcenverbrauch auf.

Die Erstellung und der Versand der einzelnen Honorarrechnungen an die Mandanten ist dabei noch der unkomplizierteste Aspekt. Spannend wird es erst danach, wenn Zahlungsüberwachung und Zahlungszuordnung anstehen. Während sich der eine Teil der Mandanten penibel an die genannten Zahlungsziele hält, den vorgegebenen Verwendungszweck benutzt und die aufgerufene Summe anstandslos begleicht, bereitet ein gewisser Prozentsatz immer zusätzliche Mühen: Manche setzen einen fehlerhaften oder gänzlich anderen Verwendungszweck ein, andere kürzen eigenmächtig die Rechnungssumme. Das Nacharbeiten in solchen Fällen kostet Zeit.

Zahlungsmuffel als doppelte Bremsen

Ob es Schusseligkeit, böser Wille oder ein Liquiditätsproblem ist, spielt keine Rolle: Wer Zahlungsziele überschreitet, bremst eine Kanzlei gleich zweifach aus. Zum einen brauchen „Zahlungsmuffel“ eine Sonderbehandlung – wahlweise die freundliche, verständnisvolle mit persönlichen Telefonaten oder die nüchterne mit Erinnerungs- und Mahnschreiben. Damit lenken sie Steuerberater wie Mitarbeiter kontinuierlich von den Kernaufgaben ab.

Zum anderen wirkt ein solches Verhalten der Mandanten auf die Liquidität. Offene Rechnungen halten den Kontostand der Kanzlei niedriger als nötig, aber die laufenden Kosten müssen gedeckt und die Gehälter pünktlich gezahlt werden. Abhängig von der Konsequenz im Mahnwesen addieren sich Außenstände leicht auf zwei bis drei Monatsumsätze. In schlechten Zeiten können solche Spitzen zwar durch Kredite oder Privateinlagen aufgefangen werden, ändern aber im Regelfall nichts an der Ausgangssituation.

Gründe für eine externe Lösung

Eine langfristige und vor allem nachhaltige Verbesserung lässt sich in solchen Fällen durch eine interne Neuorganisation erzielen. Aber: Langweilige Routinetätigkeiten im Backoffice zählen nicht zur Leidenschaft der Steuerberater und das Eintreiben von Außenständen schon gar nicht. Zudem bleibt oft genug aufgrund persönlicher Nähe die notwendige Konsequenz aus: Je tiefer Steuerberater im persönlichen Umfeld der Mandanten verankert sind, desto näher sind sie ihnen. Wer will schon die Lehrer der Kinder, die Kollegen im Stadtrat oder die Vereinsfreunde mahnen?

Alternativ bietet sich als externe Lösung eine Verrechnungsstelle für das Honorarmanagement an. Im Idealfall liefert ein solcher Dienstleister Services für beide vorgenannten Szenarien: Er entlastet die Kanzlei, indem er sämtliche Routineaufgaben nach Erstellung der Rechnung übernimmt, und er gleicht Rechnungen umgehend aus, so dass die Liquidität sichergestellt wird.

Vier Vorteile durch Outsourcing

Ob die Motivation für die Auslagerung auf einen externen Impuls folgt oder intrinsisch ist, macht keinen Unterschied bei den möglichen Vorteilen. Der offensichtlichste: Der Wegfall der Verwaltungstätigkeit entschlackt die Arbeitsabläufe innerhalb der Kanzlei und führt zu mehr Zeit für die Steuerberatung als eigentliche Kernkompetenz. Zudem sind die weiteren Abläufe klar definiert, so dass die Verrechnungsstelle im Regelfall ohne Rückfrage weiterarbeiten kann, falls es beim Ausgleich der Leistungen zu Störungen kommt.

Aus diesem Umstand heraus ergibt sich direkt ein zweiter Vorteil: Weil die Verrechnungsstelle durch die klare Rollenverteilung die eher unangenehmen Aufgaben übernimmt, bleibt der Steuerberater in der vertrauensvollen Position des Beraters. Das schont die Beziehung zu den Mandaten.

Eben daraus erfolgt der dritte Aspekt, die Verbesserung der Zahlungsmoral. Mandanten gewichten eine Rechnung oder gar eine Mahnung der Verrechnungsstelle höher, so dass sie diese offenen Rechnungen schneller ausgleichen als die der Steuerkanzlei.

Nutzt der Steuerberater oder die Steuerberaterin zudem die Factoringfunktion, entfaltet sich auch eine positive Wirkung für das Bankkonto: planbare und sofortige Liquidität.

Ausnahmen von Outsourcing

Trotz aller Vorteile für die Büroorganisation bzw. den Kontostand gibt es auch limitierende Faktoren für das Outsourcing an eine Verrechnungsstelle. Damit Effizienzgewinne und Skaleneffekte greifen können, sollte beim Jahresumsatz als untere Schwelle die Marke von 200.000 Euro überschritten werden.

Ähnlich sieht es aus, wenn eine Aufteilung der Honorarrechnungen angestrebt wird: Um eine vollständige Entlastung zu erzielen, sollte grundsätzlich der gesamte Korb abgegeben werden. Wer durch manuelle Selektion einen Teil der Rechnungen selbst bearbeitet, behält auch diesen Teil der Verwaltungsarbeit weiterhin in der Kanzlei – und steigert unnötig die Komplexität in der Abwicklung. Eine sinnvolle und zulässige Ausnahme ist es, wenn SEPA-Mandate für den Einzug der Honorare zur Verfügung stehen.

Im Übrigen ist es zweckmäßig, eine Verrechnungsstelle umfassend und in aller Konsequenz zu nutzen. Wer bei notorischen Nichtzahlern auch nach wiederholter Mahnung lieber auf weitere Schritte verzichtet, arbeitet im Ergebnis umsonst.

Rechtlicher Rahmen für Dienstleister

Allgemein gilt: Wer unternehmerisch als Verrechnungsstelle tätig sein will, also regelmäßig Forderungen finanziert und ankauft, muss gemäß Kreditwesengesetz über eine Zulassung als Finanzdienstleistungsinstitut verfügen. Die Zuständigkeit für die Überprüfung der Voraussetzungen liegt bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) gemeinschaftlich mit der Bundesbank. Das sichert die grundsätzliche Zulässigkeit der Dienstleister.

Obwohl der Anbietermarkt so groß ist, dass gleich zwei Factoringverbände nebeneinander existieren können, müssen Steuerberater bei der Auswahl ihrer Verrechnungsstelle genau hinschauen. Die konkreten Grenzen setzt hier § 64 Steuerberatungsgesetz (StBerG). Bei normalen gewerblichen Anbietern müssen die Mandanten jeweils ihr Einverständnis erklären, damit die Honorarabwicklung über eine dritte Partei laufen kann. Dieser organisatorische Zwischenschritt entfällt dagegen, wenn die Verrechnungsstelle eine Zulassung zur Anwaltschaft hat. Sie unterliegt dann in gleicher Weise der Verschwiegenheit wie Steuerberater.

Fazit:

Outsourcing von IT-Dienstleistungen ist mittlerweile fest etabliert in den freien Berufen, das Outsourcing von den Routineaufgaben in der Honorarabwicklung ist auf dem Weg dahin. Von den möglichen Effizienzgewinnen ausgeschlossen sind jene Steuerberater mit zu geringen Jahresumsätzen oder einer selektiven Auswahl der Mandate. Alle anderen können sich eine echte Entlastung verschaffen: Bei der Auslagerung zeitfressender Routineaufgaben und durch die Sicherstellung ihrer Liquidität.

 

* Zum Autor

Jan Pieper ist Vertriebsleiter der StBVS Steuerberater Verrechnungsstelle und verantwortet dort auch die kaufmännischen Aspekte. Der in Köln ansässige Dienstleister ist auf Steuerberater sowie gemeinsame Kanzleien mit Wirtschaftsprüfern spezialisiert. (http://stbvs.com)

 

(STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 22.06.2016, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.