27.01.2016 | Kanzleimanagement

Steuerberatung: Wenn guter Rat Gefühlssache ist - oder: "Shoebox is still very big in Germany"

von Alexandra Buba *

Dass Steuerberater die wichtigsten Ansprechpartner ihrer Mandanten in allen finanziellen Fragen und zudem bevorzugte Ratgeber bei allen Investitionsentscheidungen sind, ist hierzulande unbestritten. Doch eine internationale Studie, die auch Deutschland mit berücksichtigt, legt offen, dass Steuerberater zu wenig aktuelle Informationen haben, um diese Rolle überhaupt wahrnehmen zu können.

Der gute, alte Schuhkarton ist besonders in Deutschland noch weit verbreitet. (Foto: © corbis_fancy - Fotolia.com)

Nur zehn Prozent aller Mandanten sind momentan nicht oder überhaupt nicht zufrieden mit der Leistung, die ihr Steuerberater für sie erbringt. Ausgesagt haben das Geschäftsführer und Inhaber von knapp 3.000 kleinen und mittleren Unternehmen in den Niederlanden, Frankreich, Belgien, dem Vereinigten Königreich, den Vereinigten Staaten und Deutschland im Rahmen einer Studie des Amsterdamer Marktforschungsunternehmens Pb7 Research im Auftrag der Softwarefirma exakt. Neutral steht rund ein Viertel dem eigenen Berater gegenüber, die Mehrheit ist zufrieden.

Zweifel an der generellen Fachkompetenz der Berater hat kaum jemand; so glauben etwa nur sechs Prozent, dass ihr Berater nicht über ihren aktuellen Finanzstatus auf dem Laufenden ist. 19 Prozent räumen ein, dass sie selbst nur dann einen guten Überblick über ihre Finanzen haben, wenn sie gerade mit ihrem Berater gesprochen haben. Ein knappes Drittel findet es schwierig, den eigenen künftigen Cashflow zu prognostizieren. 68 Prozent sagen aber, sie hätten einen tagesaktuellen und exakten Überblick über die offenen Posten.

Große Erwartungen treffen auf schwierige Logistik

Vertrauen ist also durchaus vorhanden ebenso wie die diffuse Erwartungshaltung, der Steuerberater könne in wesentlichen Fragen unterstützen. Wie genau diese Unterstützung aussieht, wissen oftmals wohl weder Berater noch Mandant ganz genau, dafür sind die Erwartungen umso größer. Schwierig wird es für die Berater diese zu erfüllen deshalb, weil noch immer wesentliche Voraussetzungen in der Zusammenarbeit fehlen.

Denn weiter als in anderen Ländern ist in Deutschland nach wie vor der vielzitierte Schuhkarton verbreitet: Im Rahmen der Studie gaben 47 Prozent an, Belege in einer Schachtel oder einem Ordner aufzubewahren und sie dann ihrem Steuerberater zu übergeben. Nur ein Fünftel übermittelt Informationen und Unterlagen digital. Fast ein Viertel der Unternehmer sagt dagegen, es gebe über E-Mail hinaus keine passende Software, mittels derer sich die Belege online austauschen ließen. 44 Prozent erwarten, dass ihr Steuerberater sie in Fragen der Softwareauswahl berät.

46 Prozent finden aber, ein Onlineaustausch mit ihrem Berater sei überhaupt nicht notwendig. Dagegen wünschen sich 56 Prozent einen Rund-um-die-Uhr-Online-Zugriff auf ihren aktuellen Finanzstatus und alle buchhalterischen Informationen. Vorreiter in Sachen Digitalisierung und Onlineaustausch innerhalb der Studie sind im Übrigen Belgien und die Niederlande. Dort geben 55 beziehungsweise 47 Prozent der Beratungsunternehmen an, dass die Mandanten 24/7-Einblick in die Finanzdaten haben. In Deutschland tun dies erst 26 Prozent.

Alle wollen lieber telefonieren

Der Hauptkanal, auf dem Steuerberater und Mandant heute ihre Informationen austauschen, ist das Telefon (85 Prozent). Im persönlichen Gespräch tun dies 77 Prozent, danach folgt die E-Mail mit 70 Prozent. Über Mandantenportale tauschen sich nur zwei Prozent aus, über Messangerdienste wie facebook, WhatsApp usw. immerhin elf Prozent.

Nur elf Prozent der Mandaten übermitteln in Deutschland ihre Belege online in Echtzeit, so dass die Daten sofort in der Kanzlei zur Verfügung stehen. „Shoebox is still very big in Germany“, schreiben die Autoren der Studie daher. Daneben existieren freilich noch Scan- und Übermittlungslösungen oder eine Vorerfassung durch den Mandanten in seiner eigenen Softwarelösung – allesamt mit Zeitversatz versehen.

„Shoebox is still very big in Germany"

Das führe dazu, so die Autoren der Studie, dass den deutschen Beratern schlichtweg die Daten und Informationen fehlen, um ihre Mandanten so zu beraten, wie diese sich das wünschen. Immerhin erwarten 58 Prozent von ihnen, dass ihr Berater sie bei der Ausübung ihrer Geschäfte und in strategischen Fragen unterstützt. Zwar hätten die Berater oft ein umfangreiches informelles Wissen über die Zusammenhänge im Mandantenunternehmen, es fehlten aber die harten Daten, die für einen fundierten Rat notwendig seien.

Berater wollen mit Service punkten

Die Beratungsunternehmen selbst – für die Studie wurden solche mit weniger als 50 Mitarbeitern befragt – sehen derzeit ihre größten Herausforderungen allerdings weniger in einem Informationsmangel als vielmehr auf anderen Feldern, vor allem darin, ganz generell die Kundenzufriedenheit zu erhöhen und neue Kunden zu finden (jeweils 60 Prozent). Auch nicht unerheblich ist die Verbesserung der Dienstleistung (45 Prozent) und die Reduzierung der Kosten (40 Prozent). 30 Prozent klagen über Probleme bei der Rekrutierung von qualifizierten Fachkräften.

Als schwierigste branchenspezifische Frage wird von 55 Prozent das Schritthalten mit Rechtsprechung und Gesetzgebung identifiziert. Gleich dahinter allerdings finden 47 Prozent, dass sich die eigene Servicequalität verbessern müsse. Jeweils 32 Prozent sehen den Preiswettbewerb und die Entwicklung eines Modells für die Beraterrolle der Zukunft als wesentliche Schwierigkeit an.

Neue Dienstleistungen ergeben sich aus dem Gespräch

Im Wettbewerb differenzieren will sich die Mehrheit der Berater über eine herausragende Servicequalität und eine besondere Unterstützung der Mandanten (43 Prozent). Mit Kundenfreundlichkeit und persönlicher Ansprache wollen 34 beziehungsweise 30 Prozent punkten. Ebenfalls 30 Prozent setzen auf eine besondere Qualität der Dienstleistung. Niedrigere Preise sind für 19 Prozent ein Thema, Geschwindigkeit lediglich für elf Prozent.

Neue Beratungsdienstleistungen schlagen Steuerberater ihren Mandanten mehrheitlich nicht vor, weil sich diese aus Zahlen oder harten Fakten ergeben – nur 23 Prozent tun dies. 19 Prozent nutzen dazu ein CRM-System, 32 Prozent werfen einen Blick in externe Branchendatenbanken. Weitaus häufiger als anhand der Zahlen entwickeln Berater ihre zusätzliche Angebote unmittelbar im Gespräch mit dem Mandanten (40 Prozent) und offerieren diese dann.

* Autorin:

Alexandra Buba ist freie Journalistin und spezialisiert auf die Themen der Steuerberatungsbranche. Ihr besonderer Schwerpunkt sind Management- und IT-Themen (www.medientext.com)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 27.01.2016, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.