23.09.2015 | Innovative Lösungen für Kanzleien

Interview: Bürokratie für Steuerberater und Unternehmen erträglich machen

von Alexandra Buba *

Eines gleich vorweg: Man spricht sie englisch aus. Das Passauer Startup-Unternehmen devatax (spricht dävatäx) schickt sich an, Steuerberatern und Unternehmern eine völlig neue Form der Zusammenarbeit auf elektronischer Basis nahe zu bringen. Dabei verstehen sich die Gründer, Dr. Peter Schmid und StB Dr. Thomas Späth, aber nicht als Wettbewerber zur Datev und anderen etablierten Anbietern, sondern als absolut notwendige Ergänzung zu deren Lösungen.

STB Web:
Herr Dr. Späth, warum haben Sie sich entschlossen, eine Lösung für Steuerberater auf den Markt zu bringen? Gibt es da nicht schon ein ausreichend großes Angebot?

Dr. Thomas Späth
Foto: Dr. Thomas Späth, devatax

Dr. Thomas Späth:
Es gibt eine internationale Studie, die herausgefunden hat, dass die Deklarationskosten im Verhältnis zum Umsatz bei kleinen Unternehmen dreimal so hoch sind wie bei größeren. Das ist uns auch in der Kanzlei immer aufgefallen, die meine Lebensgefährtin und ich von meinem Vater übernommen haben. Hintergrund ist schlichtweg, dass die Kleinen fast mit denselben bürokratischen Anforderungen zurecht kommen müssen wie die Großen. Für dieses Problem haben wir eine konstruktive Lösung gefunden, ganz einfach deshalb, weil es an dieser Stelle noch überhaupt nichts gibt.

STB Web:
Dem würden die etablierten Anbieter aber jetzt vermutlich widersprechen...

Dr. Thomas Späth:
Tatsächlich versprechen die zwar viel, bilden aber letztlich nur die analogen Prozesse ab.

STB Web:
Was ist denn so völlig neu an Ihrem Ansatz?

Dr. Peter Schmid
Foto: Dr. Peter Schmid, devatax

Dr. Peter Schmid:
Unsere Innovationsleistung liegt darin, dass wir die Abläufe im Wortsinn digitalisieren, und damit meine ich nicht, dass wir E-Mails hin- und herschicken oder Dokumente in der Dropbox austauschen. Vielmehr geht es darum, die Prozesse zwischen den einzelnen Beteiligten zu integrieren.

STB Web:
Ein Beispiel?

Dr. Peter Schmid:
Wenn ein Unternehmer einen Minijobber anmelden will, lässt er ihn heute einen Personalfragebogen ausfüllen, schickt diesen dann in die Kanzlei, erhält das Feed-back, dass zum Beispiel die Rentenversicherungsnummer fehlt usw. Am Ende werden die ganzen Daten dann irgendwie in Lodas sein, dazu haben die Beteiligten mehrfach hin- und herkommuniziert.

Bei uns funktioniert das so: Der Unternehmer zieht ein digitales Ticket mit dem Titel „Minijobber anmelden“. Daraufhin erhält er nur die Fragen, die für ihn relevant sind mit der Bitte, diese an Ort und Stelle in com.pass zu beantworten. Parallel erhält der neue Mitarbeiter – sobald der Unternehmer z. B. dessen E-Mail-Adresse eingetragen hat – eine Nachricht, doch bitte die fehlenden Daten, etwa die Rentenversicherungsnummer, zu liefern und außerdem einen Überblick über die für ihn eingetragenen Daten. Die Steuerkanzlei kann die Daten gleich in ihre Expertensoftware wie Datev LODAS übertragen und muss seinen Mandanten nicht bitten, den neuen Mitarbeiter nach dessen Geburtsdatum oder Rentenversicherungsnummer zu fragen. Zudem erhält der Unternehmer von com.pass einen vorausgefüllten Musterarbeitsvertrag. Ein toller Service, den der Steuerberater seinem Mandanten mit com.pass bieten kann. Wir validieren die Daten immer bei dem, der die Datenhoheit hat, und das Ganze geht automatisch.

STB Web:
Damit bedienen Sie eigentlich die Nebentätigkeiten, oder?

Dr. Thomas Späth:
Bewusst, denn wir glauben, die Kanzlei verdient nicht ihr Geld damit, Verträge auszufüllen. Bürokratie kann ich sehr schlecht abrechnen, schlichtweg nicht 50 oder 100 dafür verlangen, dass ich ein Formular ausgefüllt habe. Außerdem ist es tatsächlich doch auch so, dass gerade die kleineren Unternehmen ein fixes Budget im Kopf haben, das sie für ihren Steuerberater frei machen. Wenn dieses bereits durch Bürokratie verbraucht ist, lassen sie sich in diesem Jahr eben nicht mehr beraten. Natürlich schaffen wir die Bürokratie nicht ab, aber wir automatisieren sie so, dass Kanzlei und Mandant möglichst wenig Aufwand damit haben.

STB Web:
Und wie stehen Sie zur Datev?

Dr. Thomas Späth:
Ich sehe in Datev keinen Wettbewerber. Wir setzen Datev selbst in der Kanzlei ein. Datev macht gute Software, nur leider nicht für Amateure. Wenn Sie vom typischen Inhaber eines kleinen Unternehmens ausgehen, dann will sich dieser nicht in die Software einarbeiten, mit der auch sein Steuerberater arbeitet. Dafür hat er keine Zeit. Und bei Unternehmen online muss eben schlichtweg schon wieder ein Experte davor sitzen.

STB Web:
Wann gibt es denn Ihre Lösung?

Dr. Peter Schmid:
Wir haben jetzt schon eine erste Version von com.pass in der Closed-Beta-Phase; bis zum Jahresende sind zehn Tickets geplant und ab 2016 folgt ein kontinuierlicher Ausbau auf über 70 Tickets. Mittelfristig wollen wir com.pass nicht nur Steuerberatern und ihren Mandanten, sondern zum Beispiel auch Rechtsanwälten oder Architekten anbieten, die mit ähnlich bürokratischen Abläufen in ihren Kundenbeziehungen kämpfen.

STB Web:
Wie muss ich mir com.pass technisch vorstellen?

Dr. Peter Schmid:
Das Ganze ist eine Webapplikation, die der Steuerberater in seine Kanzleihomepage integrieren kann. Die Daten werden dabei in einem der sichersten Rechenzentren Europas gespeichert. Die Unternehmen können dann vom Steuerberater zum Beispiel ein Monatsabo bekommen oder der Steuerberater kann ihnen den Zugang kostenlos zur Verfügung stellen.

STB Web:
Und wie funktioniert die Integration mit der Kanzleisoftwarelösung?

Dr. Thomas Späth:
Am Ende eines Prozesses – der Minijobber ist eingestellt und angemeldet – werden die Tickets als Downloads angeboten und automatisch als CSV-Dateien in Datev ReWeCo oder andere Lösungen eingespielt. Das ist technisch nicht sonderlich aufwändig, da wir ja nicht bidirektional arbeiten, sondern nur die jeweils andere Software bedienen müssen.

STB Web:
Welche Mitarbeiter stehen hinter Ihrem Unternehmen?

Dr. Peter Schmid:
Wir beide sind promovierte Diplomkaufleute, aber selbst keine Informatiker, Thomas Späth zudem Steuerberater in eigener Kanzlei, in die er aber immer seltener kommt...

Dr. Thomas Späth:
Ja, das stimmt, in der Wachstumsphase verbringe ich jetzt tatsächlich 95 Prozent meiner Zeit mit devatax.

Dr. Peter Schmid:
Deshalb haben wir uns Informatiksachverstand ins Unternehmen geholt und zudem jemanden, der Kunst studiert und daher ein Händchen für das Look&Feel der Software hat. Er hat uns auch beigebracht, wie man mit Informatikern so kommuniziert, das beide Seiten das Gefühl haben, auf Augenhöhe eine tolle Sache gemeinsam voranzubringen.

Über devatex:

devatax ist ein junges IKT-Unternehmen aus Passau. Mit dem Produkt „com.pass“ will devatax mehrstufige Geschäftsprozesse im KMU-Bereich integrieren und die Zusammenarbeit von Geschäftspartnern erheblich erleichtern. Im Hauptfokus sind derzeit die Prozesse zwischen Steuerberatern und ihren Mandanten.

Dr. Peter Schmid ist Diplom-Kaufmann und Geschäftsführer von devatax.

Dr. Thomas Späth ist nicht nur Diplom-Kaufmann sondern auch selbst Steuerberater und Leiter der Produktentwicklung bei devatax.

www.devatax.de


* Das Interview führte:

Alexandra Buba, Nürnberg, ist freie Journalistin und spezialisiert auf die Themen der Steuerberatungsbranche. Ihr besonderer Schwerpunkt sind Management- und IT-Themen.

Weitere Informationen unter: www.medientext.com

 

 

 

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 23.09.2015, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.