08.04.2015 | Bundesfinanzhof

Umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung bei Reihengeschäften

Bei Reihengeschäften ist die Prüfung, welche von mehreren Lieferungen über ein und denselben Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat steuerfrei ist, anhand der objektiven Umstände und nicht anhand der Erklärungen der Beteiligten vorzunehmen.

Eine umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung setzt u. a. voraus, dass der gelieferte Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) befördert oder versendet wird. Dies festzustellen bereitet insbesondere bei sog. Reihengeschäften immer wieder Schwierigkeiten: Liefert ein Unternehmer (A) Waren an einen anderen Unternehmer (B), der diese an einen dritten Unternehmer (C) weiterliefert, kann nur diejenige Lieferung umsatzsteuerfrei sein, der der Warentransport in den anderen Mitgliedstaat zuzuordnen ist.

Finanzamt erkennt Steuerfreiheit nicht an

Im einem aktuellen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof verkaufte eine deutsche GmbH (A) im Jahr 1998 zwei Maschinen an ein US-amerikanisches Unternehmen (B). B teilte A auf Anfrage lediglich die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines finnischen Unternehmens (C) mit, an die es die Maschinen weiterverkauft habe. Die Maschinen wurden von einer von B beauftragten Spedition bei A abgeholt und zu C nach Finnland verschifft. Das Finanzamt behandelte die Lieferung nicht als steuerfrei, weil B keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines Mitgliedstaats der EU verwendet hatte.

Objektive Umstände des Einzelfalls maßgeblich

Nach Ansicht des Gerichtshof der Europäischen Union ist bei Reihengeschäften regelmäßig die Lieferung von A an B umsatzsteuerfrei; anders ist es jedoch, wenn B der C bereits Verfügungsmacht an der Ware verschafft hat, bevor die Ware das Inland verlassen hat. Dies ist anhand aller objektiven Umstände des Einzelfalls und nicht lediglich anhand der Erklärungen des B zu prüfen. Im Streitfall konnte allerdings niemand mehr ermitteln, wann B die Verfügungsmacht an den Waren der C verschafft hatte.

BFH hält sich an gesetzliche Vorgaben

Der BFH stellte mit Urteil vom 25.02.2015 (Az. XI R 15/14) klar, dass das Umsatzsteuergesetz die gesetzliche Vermutung enthält, dass im Zweifel die erste Lieferung (von A an B) steuerfrei ist. Diese greift im Streitfall. Trotz der bestehenden praktischen Schwierigkeiten ist nach derzeitiger Rechtslage an den genannten Rechtsgrundsätzen festzuhalten. Eventuelle Rechtsänderungen vorzunehmen sei Aufgabe des Gesetz- oder Richtliniengebers.

Praktischer Rat für Unternehmer

Im Rahmen seines Urteils zeigte der BFH außerdem eine für die Unternehmer bestehende Absicherungsmöglichkeit auf: Nach Auffassung des BFH kann sich z.B. A von B versichern lassen, dass B die Befugnis, über den Gegenstand der Lieferung wie ein Eigentümer zu verfügen (Verfügungsmacht), nicht auf einen Dritten übertragen wird, bevor der Gegenstand der Lieferung das Inland verlassen hat. Verstößt B gegen diese Versicherung, kommt die Gewährung von Vertrauensschutz für A in Betracht und B schuldet ggf. die deutsche Umsatzsteuer.

(BFH / STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 08.04.2015, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.