22.04.2015 | Digitalisierung

Kanzleiporträt: Zu Fuß auf den Datenhighway

von Alexandra Buba *

Wer denkt, mit der Digitalisierung ziehe unweigerlich der Fortschritt mit all seinen Segnungen in die eigene Kanzlei ein, der irrt. „Es geht nicht plötzlich alles schneller und besser“, weiß Steuerberater Boris Lotz. Er führt gemeinsam mit seinem Bruder Marco eine Kanzlei im ostfriesischen Uplengen-Remels und muss es wissen. Die Brüder waren vor sechs Jahren unter den Pionieren bei der Einführung der digitalen Buchführung und kennen sämtliche Effekte sehr genau. Ein Blick in den Alltag der digitalisierten Kanzlei.

Boris und Marco Lotz
Foto: Die Steuerberater Boris und Marco Lotz sind trotz vieler Hürden große Fans der Digitalisierung. 

„In mehr als jedem zweiten (55 Prozent) Unternehmen ändert sich als Folge der Digitalisierung das Geschäftsmodell. 70 Prozent der Unternehmen sehen die Digitalisierung als große Herausforderung. Damit rangiert der digitale Wandel gleichauf mit dem Fachkräftemangel und deutlich vor anderen internen und externen Herausforderungen wie einem scharfen Wettbewerb oder schwierigen Finanzierungsbedingungen.“ So nüchtern formuliert das der IT-Branchenverband BITKOM, der eine Umfrage unter 505 Geschäftsführern und Vorständen von Unternehmen ab 20 Mitarbeitern beauftragt hat.

Für Kanzleien war dies bislang in dieser Schärfe wenig im Bewusstsein. Im Vordergrund der Diskussion standen bis dato eher ein Plus an Komfort oder ein Gewinn an Effizienz, den die neuen technischen Möglichkeiten mit sich bringen können, so man sie denn in Anspruch nimmt. Denn auch dies schien bislang eine Frage der persönlichen Entscheidung: Ob man denn (gleich) mitmacht oder lieber erst einmal traditionell weiter arbeitet. Inzwischen stellt sich diese Frage nicht zuletzt dank der E-Government-Anstrengungen der Bundesregierung und dem Umsetzungseifer der Verwaltung in einem etwas anderen Licht.

Verwaltung zwingt zur Digitalisierung

Das bedeutet: Digitalisierung ist ein Muss, an dem keine Kanzlei vorbeikommt, die dauerhaft am Markt bestehen will. Doch wie verlaufen die Umstellungsprozesse möglichst reibungslos? „Eine schnelle und reibungslose Umstellung gestaltet sich schwierig“, sagt Boris Lotz, „am Anfang haben Sie Unmengen von Checklisten, Sie überlegen sich Abläufe und stellen nach zwei Wochen fest, dass es aus irgendeinem Grund doch nicht funktioniert“. Briefvorlagen müssen auch als E-Mailvorlagen zur Verfügung stehen; E-Mails lassen sich aber nicht unterschreiben – wie wird sichergestellt, dass der Postausgang standesrechtlich in Ordnung bleibt? Muss der Steuerberater oder die Steuerberaterin jetzt jede Mail selbst verschicken? Darf er oder sie wenigstens ein Antwortalias einfügen, damit die Antwortmails bei den Mitarbeiterinnen landen? Dies ist nur eines von vielen Feldern voller kleiner, aber wichtiger praktischer Fragen.

„Wir haben mit der Kammer telefoniert und die Abläufe mit ihr abgestimmt“, erinnert sich Marco Lotz. Wer digitalisiert, braucht einen langen Atem. Dennoch sind die Brüder große Fans der Digitalisierung. Anlass, sich frühzeitig auf die neuen technischen Möglichkeiten einzulassen, war die Anmietung zusätzlicher Kanzleifläche in einem anderen Haus, das in derselben Straße gegenüber lag. Damals waren erst sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Kanzlei tätig – ein Glück, wie Boris Lotz meint, denn in einer kleinen Kanzlei habe sich die Umstellung leichter bewerkstelligen lassen. Anfangs wurde nur der gesamte Posteingang gescannt, so dass er gleichzeitig allen zur Verfügung stand.

„Steuerbescheide schreddern wir“

Heute wird ausnahmslos jeder Beleg gescannt, die Kanzlei ist mittlerweile in ein größeres Gebäude umgezogen und hat eine professionelle Archiv- und Kommunikationslösung, das „Dokumentencenter“ von Simba, im Einsatz. „Steuerbescheide schreddern wir“, sagt Marco Lotz. Das irritiere neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelmäßig. Belege werden allerdings (noch) nicht vernichtet, sondern verbleiben bei den Mandanten, die sie – aber nur im Idealfall – selbst scannen. „Tatsächlich scannen weniger als zehn Prozent unserer Mandanten selbst“, sagt Boris Lotz, „für die restlichen übernehmen wir diesen Job.“

Das hat schlicht mit der Qualität der Scans zu tun, die ganz entscheidend dafür ist, ob digitale Buchführung effizient ist oder nicht. „Das Scannen können Sie nur Mandanten überlassen, die bereits in der Papierablage sehr gut sind“, weiß Boris Lotz aus der Erfahrung der letzten Jahre. „Es ist deutlich schwieriger, ein digitales Knäuel zu entwirren, als einen Schuhkarton zu sortieren.“ Um dies zu umgehen, beschäftigen die Brüder stundenweise extra Verwaltungskräfte, die diese Arbeit übernehmen. „Wenn sie Steuerfachangestellte scannen lassen, wird es unwirtschaftlich“, so Marco Lotz.

Mehr wissen, besser beraten

Der Nutzen, den die Kanzlei in der Digitalisierung sieht, liegt in erster Linie nicht in einer effizienteren Arbeitsweise, sondern in einer höheren Qualität der Beratung. „Warum sind die Kfz-Kosten im letzten Jahr so stark gestiegen? - Diese Frage kann ich im Gespräch mit dem Mandanten jetzt ganz leicht beantworten, weil ich auf den Beleg klicken kann, sagt Boris Lotz.

„Eine Arbeitserleichterung stelle ich persönlich vor allem beim Jahresabschluss fest“, sagt Marco Lotz. Denn auch hier kann ich ganz einfach auf den Beleg klicken und muss nicht erst anfangen, zu suchen, wenn etwas unklar ist. Dieses kostenlose Belegarchiv stünde im Notfall auch den Mandanten zur Verfügung, wenn diese einen Beleg verlieren.

Portal kommt sehr gut an

Was die Mandanten besonders schätzten, sei der Service, dass ihnen in einem Portal sämtliche Auswertungen, Bescheide und andere Dokumente zur Verfügung gestellt werden. „Das ist wie bei der Telekom, und nicht etwa nur eine Spielerei, sondern wird von den Mandanten tatsächlich rege genutzt“, sagt Boris Lotz. „Wenn der Spediteur im Stau steht, ruft er schon mal seine BWA auf und will etwas dazu wissen. Ein Reiseunternehmer, der regelmäßig in Südafrika ist, hat überall Zugriff auf seine Unterlagen und kann mit uns darüber sprechen.“

Digitalisierung ist insbesondere in der Steuerberatung keine Einbahnstraße – das digitale Belegwesen ist nur die eine Seite, bei der der Mandant in die Kanzlei liefert. Ebenso wichtig ist aber auch die Möglichkeit, den Mandanten die Kanzlei-eigenen Dokumente unabhängig vom Papier zur Verfügung zu stellen. Diesem Feld wird in Zukunft eine noch größere Bedeutung zukommen. Wer scannt, wird dagegen in einigen Jahren nicht mehr das große Thema sein, da immer mehr Belege originär digital anfallen.

 

Kanzlei Lotz Steuerberatungsgesellschaft

Die Kanzlei Lotz Steuerberatungsgesellschaft hat ihren Hauptsitz im ostfriesischen Uplengen-Remels und unterhält eine Zweigniederlassung in Moormerland. Partner der Kanzlei sind die Brüder Boris und Marco Lotz, gegründet wurde die Kanzlei von Boris Lotz im Jahr 2007. Insgesamt beschäftigt sie 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Weitere Informationen unter: www.kanzleilotz.de

 

* Hinweise zur Autorin:

Alexandra Buba, Nürnberg, ist freie Journalistin und spezialisiert auf die Themen der Steuerberatungsbranche. Ihr besonderer Schwerpunkt sind Management- und IT-Themen.

Weitere Informationen unter: www.medientext.com



 

 

 

(STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 22.04.2015, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.