02.04.2015 | FG Hamburg

Freiberufliche Einkünfte der Betreiberin einer Kindertagesstätte

Zu den Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit im Sinne des Einkommensteuergesetzes gehören auch die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit. Ob dies auch auf die Betreiberin einer Kindertagesstätte zutrifft, hatte das Finanzgericht (FG) Hamburg zu entscheiden.

Die Klägerin, eine Diplom-Sozialpädagogin, betreibt eine Kindertagesstätte, in der im Streitzeitraum bis zu 45 Kinder in zwei Gruppen - einer Krippengruppe und einer Elementargruppe - auf der Grundlage eines von der Klägerin entwickelten pädagogischen Konzepts betreut werden. In beiden Gruppen waren jeweils drei angestellte Erzieherinnen tätig. Daneben beschäftigte die Klägerin jeweils in Teilzeit eine Verwaltungsangestellte, eine hauswirtschaftliche Kraft und eine Aushilfe im pädagogischen Bereich.

Das Finanzamt meinte, die Klägerin unterliege der Gewerbesteuer. Sie sei nicht freiberuflich tätig, weil es am Tatbestandsmerkmal der Eigenverantwortlichkeit fehle. Der Kernbereich der erzieherischen Tätigkeit liege in der täglichen Einflussnahme von Bezugspersonen auf das jeweilige Kind. Bei der Größe der Einrichtung könne der erforderliche persönliche Kontakt der Leiterin zu den Kindern nicht mehr gegeben sein. Das FG Hamburg gab jedoch der Klägerin Recht (Urteil vom 20.1.2015, Az. 3 K 157/14, rechtskräftig).

FG konkretisiert Grundsätze der Eigenverantwortlichkeit

Zunächst bejaht das FG die Frage, ob die Gruppenerziehung von Kindern im Vorschulalter in einer Kindertagesstätte eine erzieherische Tätigkeit i. S. des Einkommensteuergesetzes (§ 18 EStG) sei. Weitere Leistungen wie die Beaufsichtigung und Verköstigung der Kinder seien lediglich notwendige Hilfstätigkeiten; die Erziehung gebe der Gesamtheit der Leistungen das Gepräge. Die Inhaberin einer Kindertagesstätte werde trotz der Beschäftigung fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte eigenverantwortlich tätig, wenn sie durch regelmäßige und eingehende Kontrollen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter maßgeblich auf die Erziehung jedes Kindes Einfluss nehme und darüber hinaus eine persönliche Beziehung zwischen ihr und den einzelnen Kindern bestehe. Dies sah das Gericht im entschiedenen Fall als gegeben an, da die Klägerin ihre durchgehende Anwesenheit vor Ort und ihre für die pädagogischen Aufgaben zur Verfügung stehende Zeit konsequent dazu genutzt habe, eine persönliche Beziehung zu jedem Kind aufzubauen und selbst oder über die von ihr angestellten und angeleiteten sechs Erzieherinnen auf die Erziehung jedes Kindes einzuwirken.

(STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 02.04.2015, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.