22.10.2014 | Bundesgerichtshof

Genehmigung des Betreuungsgerichts bei Einstellung lebenserhaltender Maßnahmen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte die Frage zu beantworten, unter welchen Voraussetzungen das Betreuungsgericht den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen genehmigen muss. Im entschiedenen Fall lag keine Patientenverfügung vor.

In dem vom BGH entschiedenen Fall waren der Ehemann und die Tochter der seit 2009 im Wachkoma liegenden Patientin zu deren Betreuern bestellt. Sie beantragten beim Betreuungsgericht die Genehmigung des Abbruchs lebenserhaltender Maßnahmen. Sie stützen ihren Antrag darauf, dass sich die Betroffene vor ihrer Erkrankung gegenüber Familienangehörigen und Freunden gegen eine Inanspruchnahme von lebenserhaltenden Maßnahmen für den Fall einer schweren Krankheit ausgesprochen habe. Nachdem Amtsgericht und Landgericht den Antrag ablehnten, hatten die Betreuer nun beim Bundesgerichtshof Erfolg.

Wenn keine wirksame Patientenverfügung vorliegt, hat der Betreuer die Behandlungswünsche oder den mutmaßlichen Willen des Betreuten festzustellen. Die hierauf beruhende Entscheidung des Betreuers bedarf dann nicht der betreuungsgerichtlichen Genehmigung, wenn zwischen ihm und dem behandelnden Arzt Einvernehmen darüber besteht, dass die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung in eine Heilbehandlung dem festgestellten Willen des Betroffenen entspricht.

Der mutmaßliche Wille des Betroffenen muss geprüft werden

Auch in Fällen, in denen dennoch eine betreuungsgerichtliche Genehmigung erforderlich ist, ist diese vom Gericht zu erteilen, wenn die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung in eine ärztliche Maßnahme dem Willen des Betroffenen entspricht. Wenn sich ein erklärter Wille des Betroffenen nicht feststellen lässt, muss auf den mutmaßlichen Willen des Betroffenen abgestellt werden, für dessen Feststellung strenge Beweismaßstäbe gelten, die der hohen Bedeutung des Selbstbestimmungsrechts des Betroffenen einerseits und dem Schutz des Lebens andererseits Rechnung zu tragen haben.

Anders, als das Landgericht angenommen hatte, gelten die bei der Ermittlung und der Annahme eines Behandlungswunsches oder des mutmaßlichen Willens zu stellenden strengen Anforderungen zudem unabhängig davon, ob der Tod des Betroffenen unmittelbar bevorsteht oder nicht. Daher muss das Landgericht, das den Umstand besonders gewichtet hatte, dass die Patientin noch viele Jahre leben könnte, nun erneut entscheiden.

(BGH / STB Web)



Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 22.10.2014, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.