23.07.2014 | ZUGFeRD

Buchführung: Neuer Standard soll elektronischer Rechnung zum Durchbruch verhelfen

von Alexandra Buba *

Unter dem Kürzel ZUGFeRD haben die Bundesministerien für Inneres sowie für Wirtschaft und Energie und der BITKOM vor wenigen Wochen ein neues Standardformat für elektronische Rechnungen bekannt gegeben. Es soll dafür sorgen, dass E-Rechnungen künftig automatisch verbucht und weiterverarbeitet werden können. Für Steuerberater ist das Chance und Risiko zugleich.

Mit qualifizierten Mitarbeitern kann der ZUGFeRD-Standard für die Kanzlei
zur echten Beratungschance werden. (Foto: © contrastwerkstatt - Fotolia.com)

Wenn heute ein Mitarbeiter in einem mittelständischen Betrieb per E-Mail eine pdf-Rechnung erhält, druckt er diese in der Regel aus, heftet sie ab und gibt sie via Pendelordner an den Steuerberater weiter. „Die Eingangsrechnung – egal, ob in Form des ausgedruckten pdfs oder originär auf Papier erstellt – ist heute der einzige Buchungskreis, der noch genau so wie vor 50 Jahren bearbeitet wird“, sagt Rechtsanwalt und Steuerberater Hans-Jörg Stemmer aus Oberhausen.

Dadurch, dass die Daten immer noch händisch aus dem Beleg in die Buchführung übertragen werden müssen, ist sie der wesentliche Stolperstein auf dem Weg zum voll digitalisierten Geschäftsprozess in der Kanzlei. Technische Verfahren, mit denen Daten aus der gescannten oder originär digital versandten Rechnung ausgelesen werden und als Buchungsvorschlag auftauchen, sind fehleranfällig und durch die Notwendigkeit der Überprüfung aufwändig.

Rechnungsdaten fließen in die Fibu

Wie viel eleganter wäre es da nicht, wenn alle Informationen wie Betrag, Rechnungsdatum, Ersteller automatisch in die Finanzbuchhaltung übertragen werden könnten. Damit dies funktioniert, müssten die relevanten Rechnungsinhalte in irgendeiner Form standardisiert und strukturiert an das Rechnungsdokument angeheftet werden. Erkennungs- oder Übertragungsfehler wären ausgeschlossen, eine Überprüfung nicht mehr notwendig. Und warum sollten die Daten nicht auch gleich noch ins Warenwirtschaftssystem fließen und mit den Bestellungen abgeglichen werden?

Foto: Prof. Dieter
Kempf, Datev eG

Genau dies leistet nun ein neuer Standard, auf den sich IT-Unternehmen und Bundesregierung geeignet haben. ZUGFeRD – Zentraler User Guide des Forums elektronische Rechnung Deutschland – soll dafür sorgen, dass Eingangsrechnungen künftig automatisch verarbeitet werden können. Die Datev hat das Format bereits in ihre Lösungen eingebaut und wird es im Herbst ausliefern.

Wer dann im Kanzlei-Rechnungswesen arbeitet, wird explizit darauf hingewiesen, dass es sich bei einem zu buchenden Beleg um eine Rechnung im ZUGFeRD-Format handelt, die Daten werden gleichzeitig überprüft und anschließend automatisch in die Buchführung übernommen. Auch in den anderen Programmen wie Bank Online oder dem Dokumentenmanagement werden Veränderungen sichtbar sein. Rechnungen aus Datev-Programmen mit ZUGFeRD-Daten zu erstellen, wird voraussichtlich ab dem nächsten Jahr möglich sein. „Wir erwarten uns davon schon den Durchbruch bei der elektronischen Rechnungsstellung“, sagte Prof. Dieter Kempf, Vorstandsvorsitzender der Datev eG und Präsident des BITKOM e. V.

Chance und Risiko für die Steuerberater

Diese Einschätzung und das starke Engagement der Datev für den Standard beweisen, dass sich Steuerberater dringend mit dem Thema beschäftigen sollten. Das sieht auch RA/StB Stemmer so, denn: „ZUGFeRD bringt für Steuerberater Chancen und Risiken zugleich.“ Schon jetzt bieten erste gewerbliche Anbieter die automatische Rechnungserfassung mit ZUGFeRD an und werben derzeit damit noch bei den Steuerberatern. Doch dies wird sicherlich nicht so bleiben, insbesondere die Mandanten werden ins Visier dieser Dienstleister geraten.

Ihr Vorteil ist nicht nur der günstigere Preis, sondern auch die Mehrleistung der revisionssicheren Archivierung, die der Mandant kostenlos gleich mit erhält. „Steuerberater müssen hier mitziehen: Einerseits, indem sie die selbe Full-Service-Leistung, also Eingang, Verbuchung, Zahlungsverkehr und Archivierung, anbieten, andererseits, indem sie selbstbuchende Mandanten kompetent zu elektronischen Geschäftsprozessen beraten können“, meint Stemmer.

Mandanten erwarten Unterstützung

Beides dürfte die meisten Steuerberater – im Moment noch - vor große Herausforderungen stellen. Schnelle Abhilfe schafft punktgenaue Qualifizierung, der Markt wird in Bälde vielfältige Seminar- und Schulungsangebote bieten. „Mindestens ein Mitarbeiter der Kanzlei oder des Kanzlei-Netzwerks sollte zum E-Rechnungs-Experten fortgebildet werden“, sagt Stemmer.

RA/StB Hans-Jörg
Stemmer

Mit qualifizierten Mitarbeitern nämlich kann der ZUGFeRD-Standard und mit ihm der Durchbruch der E-Rechnung für die Kanzlei zur echten Beratungschance werden. Der Steuerberater wird immer die erste Anlaufstelle der Mandanten bleiben, wenn sie kompetente Hilfestellung bei Fragen zur Rechnungsstellung suchen. Nur wenn sie diese dort nicht finden, wenden sie sich an gewerbliche Anbieter, wodurch die Kanzlei in der Folge im Zweifel nicht nur das Buchführungs-, sondern auch noch das Steuerberatungsmandat verliert.

Treffen Mandanten dagegen auf kompetente Berater, werden sie mehrheitlich bereit sein, den eventuell höheren Preis zu bezahlen im Vertrauen darauf, gesetzeskonform und rechtssicher zu handeln. „Ich gehe nicht davon aus, dass wir großartige Preisdiskussionen führen werden“, so Stemmer, „das war nämlich entgegen der Erwartung vieler auch bei der Einführung der Bankdatenübernahme nicht der Fall.“ Sollte das Thema dennoch aufkommen, empfiehlt es sich, dem Mandanten den Zusatznutzen der elektronischen Archivierung, die ja gleich miterledigt wird, deutlich zu machen.

6,5 Milliarden elektronische Rechnungen

Noch verbleibt ein bisschen Zeit, um sich auf diese Entwicklung vorzubereiten, da in Deutschland momentan nur zehn Prozent aller Unternehmen überhaupt elektronische Rechnungen verschicken, insgesamt 6,5 Milliarden jährlich im Vergleich zu 30 Milliarden Papierrechnungen, doch die Zuwachsrate beträgt jährlich 50 Prozent. Daher geht es im Moment vorrangig noch darum, Überzeugungsarbeit bei den Mandanten zu leisten, indem man ihnen die Einsparpotenziale der E-Rechnung verdeutlicht.

„Eine eingehende Papierrechnung verursacht bei der Bearbeitung, Prüfung, Verbuchung, Bezahlung und anschließender Archivierung Vollkosten von 30 bis 50 Euro. Elektronische Rechnungen lassen sich mit entsprechend eingerichteten Systemen für einen Bruchteil dieses Betrags verarbeiten“, so Stemmer. Damit liegt der Nutzen von E-Rechnung und ZUGFeRD in erster Linie beim Mandanten, wer ihm als Berater dies aber vermittelt, ist in jedem Fall sein Geld wert.


Begriff

ZUGFeRD ist die Abkürzung für Zentraler User Guide des Forums elektronische Rechnung Deutschland. Technisch beschreibt er einen Standard für strukturierte Rechnungsdaten in elektronischer Form. Dabei wird an eine optisch ganz normale PDF/A-3-Datei unsichtbar und untrennbar eine XML-Datei angehängt, die alle wichtigen Inhalte wie Betrag, Rechnungsersteller, Datum usw. in strukturierter Form enthält. Auf diese Weise ist es möglich, dass die Rechnungsdaten automatisch in die Buchführungssoftware oder auch andere Systeme wie etwa die Warenwirtschaft fließen, wo sie weiterverarbeitet werden können.

Der ZUGFeRD-Standard wurde Mitte Juni 2014 veröffentlicht; erste Softwarehersteller haben ihn bereits in ihren Lösungen aufgegriffen und erproben ihn in Pilotprozessen. Flächendeckend sollen E-Rechnungen mit ZUGFeRD-Standard bereits in wenigen Jahren versandt werden.


Weiterführende Links:

Broschüre "ZUGFeRD – Standard für elektronische Rechnungen" (BITKOM)

Finale Version 1.0 des Datenmodells vom 25.6.2014 (FeRD)

Informationen zu DATEV-Lösungen zu ZUGFeRD (DATEV)

 

* Hinweise zur Autorin:

Alexandra Buba, Nürnberg, ist freie Journalistin und spezialisiert auf die Themen der Steuerberatungsbranche. Ihr besonderer Schwerpunkt sind Management- und IT-Themen.

Weitere Informationen unter:

www.medientext.com

 

 

(STB Web)



Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 23.07.2014, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.