18.12.2013 | Beratertipp

EuGH: Vergünstigungen für Ehepartner müssen auch für gleichgeschlechtliche Partnerschaften gelten

Von RAin Andrea Mehrer und RA Dr. Michael S. Braun, Nürnberg *

Vergünstigungen, die ein Unternehmen Ehepartnern gewährt, müssen auch für gleichgeschlechtliche eingetragene Partnerschaften gelten. Verweigert der Arbeitgeber einem homosexuellen Paar gewährte Vorteile, ist dies eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung. Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in einem heute veröffentlichten Grundsatzurteil entschieden (Az.: C-267/12).

Foto: RAin Andrea Mehrer

Entsprechende Regelungen sind rechtswidrig, der Arbeitgeber macht sich gegenüber dem diskriminierten Arbeitnehmer schadenersatzpflichtig. Das Urteil hat erhebliche Auswirkungen auf jede Vorteilsregelung in Deutschland, die Ehepartnern vom Arbeitgeber gewährt wird. Arbeitsverträge und Tarifverträge müssen nach diesem Urteil auf den Prüfstand. Die eingetragene Partnerschaft ist arbeitsrechtlich wie eine Ehe zu betrachten, alles andere stellt eine unmittelbare Diskriminierung dar und verstößt gegen europäisches Recht. Dies gilt für alle Vergünstigungen im Falle der Eheschließung, die auch der eingetragenen gleichgeschlechtlichen Partnerschaft gewährt werden müssen. 

Vielfältige Arten von Vergünstigungen betroffen

Zu prüfen sind ferner Sonderurlaubsregelungen bei Todesfällen, die auch gelten, wenn Schwiegereltern oder Kinder des Lebenspartners betroffen sind. Auch Dienstwagenregelungen sind hinsichtlich der Nutzungskriterien für die Partner des Arbeitnehmers zu durchforsten. Darf der Ehepartner das Fahrzeug nutzen, muss dies auch für den in gleichgeschlechtlicher Gemeinschaft lebenden Partner erlaubt werden. Unmittelbare Diskriminierungen können auch stattfinden, wenn nur Ehepartner zu betrieblichen Veranstaltungen eingeladen werden oder an mittelbaren Vergünstigungen wie z.B. Sonderkonditionen im Fitnessstudio partizipieren.

Hohe Bedeutung für Betriebsrenten
Foto: RA Dr. Michael S. Braun

Hohe Bedeutung hat das Urteil auch für Regelungen bei Betriebsrenten. Schon vor vier Jahren hatte das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass eingetragene Lebenspartner in der betrieblichen Altersversorgung im Rahmen der Hinterbliebenenversorgung Ehegatten gleichzustellen sind.

Dies gilt inzwischen auch für den Versorgungsausgleich, der nach dem für Ehescheidungen vorgesehenen Modell zu erfolgen hat. Auch der Europäische Gerichtshof hat in mehreren Fällen entschieden, dass Homosexuelle, die in einer eingetragenen Partnerschaft leben, bei der betrieblichen Altersversorgung die gleichen Ansprüche haben wie ein heterosexuelles Ehepaar – so unter anderem im Fall eines Verwaltungsangestellten der Hansestadt Hamburg (Az.: C-147/08). Danach steht einem in gleichgeschlechtlicher Partnerschaft lebenden Arbeitnehmer ebenso wie einem in Ehe lebenden Paar eine höhere Rente zu.

Diskriminierung von Lebenspartnerschaften wird nicht mehr toleriert

Das heutige Urteil macht erneut deutlich, dass die Diskriminierung einer Partnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz nicht toleriert wird. Im Fall der Betriebsrente gilt: Vorteile, die Ehepartnern gewährt werden, stehen auch gleichgeschlechtlichen Paaren zu. Der Gesetzgeber hat dies durch die Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts zum 01.01.2005 und durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) bekräftigt.

Die Luxemburger Richter hatten einen Fall zu entscheiden, in dem die französische Bank Crédit Agricole Mutuel einem Angestellten Sonderurlaubstage und eine Gehaltsprämie verweigerte, als er einen zivilen Solidaritätspakt (pacte civil de solidarité – PACS) mit seinem gleichgeschlechtlichen Partner schloss. Die Bank argumentierte, die Vergünstigungen seien nur bei einer Eheschließung vorgesehen, die in Frankreich heterosexuellen Paaren vorbehalten ist. Aufgrund einer Anfrage des Cour de cassation in Paris an den Europäischen Gerichtshof stellten die Europarichter nun klar, dass die Weigerung der Crédit Agricole Mutuel eine unmittelbare Diskriminierung darstelle. Da eine PACS-Gemeinschaft einen klaren rechtlichen Rahmen mit gegenseitiger materieller Unterstützung und gegenseitigem Beistand vorsehe, müsse sie arbeitsrechtlich mit einer Ehepartnerschaft gleichgesetzt werden. Der Tarifvertrag, der für eine Eheschließung bezahlten Urlaub und eine Prämie vorsah, für die Schließung des PACS aber nicht, sei diskriminierend und daher rechtswidrig.

 

Hinweise zu den Autoren
 

LogoRechtsanwältin Andrea Mehrer ist Spezialistin für die arbeitsrechtliche Beratung. Sie berät Unternehmer in allen individuellen und kollektiven arbeitsrechtlichen Fragen, insbesondere bei Umstrukturierungen. Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Wirtschaftsjurist (Univ. Bayreuth) Dr. Michael S. Braun ist Niederlassungsleiter im Hofer Büro von Rödl & Partner. Schwerpunkte seiner Tätigkeit bilden die Beratung im Arbeitsrecht, insbesondere im Bereich BAV und im Gesellschaftsrecht. Beide Anwälte sind Mitglieder im Kompetenzcenter Arbeitsrecht.

Rödl & Partner (www.roedl.de) ist eine der führenden deutschen Wirtschaftskanzleien und betreut Unternehmen weltweit bei ihren Geschäftsaktivitäten. Das Kerngeschäft bilden die Rechtsberatung, Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung und Unternehmensberatung.


(Rödl & Partner / STB Web)



Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 18.12.2013, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.