30.10.2013 | Europa

Besteuerung von Erträgen aus ausländischen "schwarzen" Fonds auf dem europarechtlichen Prüfstand

Der BFH hat den Gerichtshof der Europäischen Union angerufen, um zu klären, ob die bis Ende 2003 geltende deutsche Regelung zur Besteuerung von Anlegern, die sich an ausländischen „schwarzen“ Investmentfonds beteiligt haben, gegen die europäische Kapitalverkehrsfreiheit verstieß.

Die Kapitalverkehrsfreiheit gehört zu den europarechtlichen Grundfreiheiten. Sie gilt nicht nur innerhalb der Europäischen Union, sondern auch im Verhältnis zu Drittstaaten. Erträge aus inländischen und ausländischen Investmentfonds wurden nach dem Auslandsinvestmentgesetz (AuslInvestmG) unterschiedlich besteuert. Wenn die Erträge aus inländischen Fonds nicht nachgewiesen wurden, waren (und sind sie auch heute) notfalls zu schätzen. Für ausländische Fonds schrieb das AuslInvestmG dagegen besondere Anzeige- und Bekanntmachungspflichten vor. Außerdem hatten ausländische Fonds einen inländischen Vertreter zu bestellen. Waren diese Voraussetzungen nicht erfüllt, handelte es sich um „schwarze“ Fonds. Für sie schrieb das Gesetz eine fiktive pauschale Ertragsermittlung vor, die regelmäßig zu höheren Erträgen führte als bei inländischen Fonds. Die tatsächliche Höhe der erzielten Erträge war für die Besteuerung ohne Bedeutung.

Kapitalverkehrsfreiheit verletzt

Im Streitfall war der Kläger an „schwarzen“ Investmentfonds mit Sitz auf den Kaimaninseln beteiligt. Das Finanzamt wandte die Pauschalregelung an und lehnte es ab, die vom Kläger im Einzelnen nachgewiesenen - deutlich niedrigeren - tatsächlichen Erträge der Besteuerung zugrunde zu legen. Der BFH sah in dieser Pauschalbesteuerung einen offensichtlichen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit, weil inländische Anleger durch die verschärfte Besteuerung solcher ausländischer Erträge davon abgehalten werden könnten, sich an ausländischen „schwarzen“ Fonds zu beteiligen. Die Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit sei nicht zu rechtfertigen.

Erhebliche Bedeutung für zahlreiche Fälle

Trotz des offensichtlichen Verstoßes gegen die Kapitalverkehrsfreiheit hielt sich der BFH für verpflichtet, den EuGH anzurufen (Vorlagebeschluss vom 06.08.2013, Az. VIII R 39/12). Aufgrund einer neueren Entscheidung des EuGH vom 07.06.2012 (Az. C-39/11) sei zweifelhaft geworden, ob das AuslInvestmG überhaupt am Maßstab der Kapitalverkehrsfreiheit überprüft werden könne oder Bestandsschutz genieße. Diese Rechtsfrage sei europarechtlich ungeklärt. Obwohl es um ausgelaufenes Recht geht, hat das Verfahren Breitenwirkung, weil noch zahlreiche Streitfälle mit erheblichen finanziellen Auswirkungen offen sind.

(BFH / STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 30.10.2013, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.