08.10.2013 | Amtsgericht München

Unerwünschte Ärzte-Bewertung im Internet

Ein Ärztebewertungsportal ist dann zulässig, wenn eine Nachverfolgung im Falle etwaiger beleidigender oder rufschädigender Äußerungen möglich ist. Das Interesse der Öffentlichkeit an der Verfügbarkeit von Daten über medizinische Versorgungsmöglichkeiten zusammen mit dem Recht auf Meinungs- und Kommunikationsfreiheit überwiegt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

Die spätere Beklagte betreibt unter einer Internetadresse ein Ärztebewertungsportal. Dort bietet sie eine Arztsuche und eine Ärztebewertung an. Internetnutzer können Informationen zu Ärzten und anderen Heilberuflern kostenfrei abrufen. Soweit vorhanden sind auf dem Portal Informationen wie Name, Titel, Fachrichtung, Praxisanschrift und weitere Kontaktdaten sowie ggf. auch Sprechzeiten und ähnliche praxisbezogene Informationen abrufbar. Zudem können nach vorheriger Registrierung Bewertungen in einem Notenschema und Freitextkommentare eingegeben werden.

Anonymisierte Bewertungen nach vorheriger Registrierung

Über einen Gynäkologen wurden drei anonymisierte Bewertungen eingestellt: "toller Arzt - sehr empfehlenswert", "na ja" sowie "kompetenter, netter Arzt, sehr zu empfehlen!".

Als dieser Ende Januar 2012 davon erfuhr, dass er in dem Bewertungsportal bewertet worden war, setzte er sich mit der Internetbetreiberin in Verbindung und forderte diese zur Löschung auf. Er habe der Speicherung seiner Daten nie zugestimmt. Diese weigerte sich jedoch. Der Arzt erhob daraufhin Klage vor dem Amtsgericht München, das diese jedoch abwies (Az. 158 C 13912/12, rechtskräftig).

Öffentliches Informationsinteresse

Dem Kläger stehe weder ein Löschungs- noch ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu. Zwar berührten die Speicherung seiner Daten und die Bewertungen den Schutzbereich seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts und damit auch seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. In der Gesamtschau überwiege jedoch das Recht der Internetbetreiberin auf Meinungs- und Kommunikationsfreiheit. So sei eine Nachverfolgung im Falle etwaiger beleidigender oder rufschädigender Äußerungen möglich. Aufgrund der notwendigen Registrierung sei der Beklagten die jeweilige E-Mail-Adresse eines Bewerters bekannt und könne dem Arzt mitgeteilt werden, dem es frei stünde, sich bei der Internetbetreiberin zu melden.

Das Recht der Internetbetreiberin auf Meinungs- und Kommunikationsfreiheit werde durch ein Interesse der Öffentlichkeit an der Verfügbarkeit von Daten über medizinische Versorgungsmöglichkeiten zusätzlich noch verstärkt. Es komme der Entscheidung, ob bzw. von welchem Arzt sich der Einzelne behandeln lassen wolle zugute, wenn diese Entscheidung auf eine möglichst fundierte und breite Entscheidungsgrundlage gestellt werden könne. Neben anderen Faktoren bei der Auswahl eines Arztes biete das Internetportal der Beklagten wegen des darin abgebildeten breiten Meinungsbildes dazu eine sinnvolle Möglichkeit. Auch deshalb bestehe ein öffentliches Informationsinteresse an der Veröffentlichung solcher Daten durch die Internetbetreiberin.

(AG München / STB Web)



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