09.08.2012 | Urteil

Karmann-Verfahren: OLG Oldenburg entscheidet über Steuermillionen

Die Karmann-Besitzgesellschaft muss die Steuermillionen, die sie vom Finanzamt zurückerstattet bekommen hat, an die Karmann-Betriebsgesellschaft, die diese Beträge ursprünglich verauslagt hatte, auskehren.

Die Wilhelm Karmann GmbH war ein Automobil- und Karosseriebauunternehmen in Osnabrück und Produzent des Fahrzeugs Karmann-Ghia. Seit 1949 war der Betrieb in eine Betriebsgesellschaft (operatives Geschäft) und eine Besitzgesellschaft aufgeteilt. Die Besitzgesellschaft stellte der Betriebsgesellschaft Betriebsanlagen und Grundstücke zur Verfügung. Umsatzsteuerrechtlich hatte das Finanzamt die beiden Gesellschaften als Einheit angesehen. Steuerschuldnerin war danach allein die Besitzgesellschaft. Aufgrund einer internen Vereinbarung übernahm die Betriebsgesellschaft für die Besitzgesellschaft die Zahlung der Steuern. Nach einer Änderung der Rechtsprechung wurde die einheitliche steuerliche Behandlung auch für die Vergangenheit als fehlerhaft bewertet. Tatsächlich war jede Gesellschaft für die eigenen Umsätze selbst steuerpflichtig.

Finanzamt erstattete 160 Millionen

Die bislang vom Finanzamt als alleinige Steuerschuldnerin angesehene Besitzgesellschaft forderte daher vom Finanzamt erfolgreich die auf die Betriebsgesellschaft entfallenden Beträge zurück – rund 160 Millionen Euro. Das Finanzamt erstattete die Summe an die irrtümlich als Steuerschuldnerin angesehene Besitzgesellschaft. Dass aufgrund der internen Vereinbarung die Steuern ursprünglich von der Betriebsgesellschaft gezahlt worden waren, spielte für das Finanzamt konsequenter Weise keine Rolle. Für die Betriebsgesellschaft war dies dagegen sehr wohl von Belang: Ihr Insolvenzverwalter der 2009 in die Insolvenz gegangenen Betriebsgesellschaft verlangte die erstatteten Millionen von der Besitzgesellschaft heraus.

OLG schafft Klarheit

Das Oberlandesgericht Oldenburg gab nun mit Urteil vom 7.8.2012 (Az. 12 U 129/11) dem Insolvenzverwalter Recht. Die Betriebsgesellschaft habe die Steuern für die Besitzgesellschaft gezahlt. Ihr ständen daher auch die Steuererstattungen zu. Die Besitzgesellschaft müsse die Steuermillionen nun an die Betriebsgesellschaft auskehren, den Betrag jedoch nicht zweimal zahlen: Falls jetzt die Karmann-Besitzgesellschaft vom Finanzamt mit Erfolg als tatsächlicher Steuerschuldner in Anspruch genommen wird, kann sie dies dem ausgeurteilten Anspruch der Betriebsgesellschaft entgegenhalten.


(OLG Oldenburg / STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 09.08.2012, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.