25.07.2012 | Steuerberatung

Steuergestaltungsberatung: Die verbindliche Auskunft mindert Haftungsrisiken

Von Susanne Christ, Rechtsanwältin/Fachanwältin für Steuerrecht, Köln *

Auf die Möglichkeit der verbindlichen Auskunft sollten Sie Ihre Mandanten hinweisen, wenn diese Sie um eine steuerliche Einschätzung eines geplanten Sachverhaltes fragen und die steuerlichen Folgen sich anhand der bestehenden Rechtslage nicht eindeutig klären lassen. Weisen Sie dabei aber unbedingt auf die dadurch entstehenden Kosten hin.

Mit der verbindlichen Auskunft lassen sich Haftungsrisiken im Zusammenhang
mit der Gestaltungsberatung minimieren. (Foto: © Adam Gregor - Fotolia.com)

Oftmals scheuen sich die Mandanten vor einer Offenlegung ihrer Pläne gegenüber dem Finanzamt, weil sie die Finanzverwaltung nicht auf das Problem aufmerksam machen wollen. Haben Sie aber in ihrer Beratung auf die Möglichkeit der verbindlichen Auskunft hingewiesen, weil im Einzelfall eine endgültige steuerliche Einschätzung nicht möglich ist, wird – selbst wenn der Mandant davon keinen Gebrauch macht – deutlich, dass Sie die Rechtslage als nicht eindeutig einschätzen und daher die von Ihnen gegebene Auskunft als eine von mehreren Möglichkeiten zu betrachten ist. Dadurch lassen sich Haftungsrisiken im Zusammenhang mit der Gestaltungsberatung minimieren. Geht der Mandant auf die Idee der Einholung einer verbindlichen Auskunft ein, haben Sie die Möglichkeit, grundsätzlich mit geringem Haftungsrisiko die Frage klären zu lassen. Zu beachten ist, dass beim Antrag auf verbindliche Auskunft das Rechtsproblem dargestellt und der selbst vertretene Standpunkt dazu ausführlich begründet werden muss.

Regelung der verbindlichen Auskunft und aktuelle BFH-Rechtsprechung

Nach § 89 Abs. 2 AO können Steuerpflichtige unter bestimmten Voraussetzungen vorab vom Finanzamt eine Einschätzung der steuerlichen Folgen eines geplanten Sachverhaltes einholen. Das Instrument der verbindlichen Auskunft gibt es schon sehr lange, durch Inkrafttreten des Jahressteuergesetz 2007 wurde die Einholung einer verbindlichen Auskunft erstmalig kostenpflichtig.

Der BFH entschied durch Urteil vom 29.02.2012 (Az. I X R 11/11), dass der Steuerpflichtige zwar Anspruch auf verbindliche Auskunft hat, aber grundsätzlich keinen Anspruch auf Erteilung einer bestimmten Auskunft. Ist er mit dem Inhalt der vom Finanzamt erteilten Auskunft nicht einverstanden, kann er die Finanzbehörde grundsätzlich nicht im Klagewege auf Erteilung der gewünschten Auskunft verklagen und auf diesem Weg vorab die Rechtsfrage gerichtlich klären lassen. Der Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes beinhalte nicht den Anspruch auf eine bestimmte Auskunft. Ziel der Regelung sei es lediglich, den Steuerpflichtigen bei der Planung zukünftiger Gestaltungen zu unterstützen; insbesondere solle ihm die Risikoabschätzung im Vorfeld eines etwaigen Besteuerungsverfahrens erleichtert werden und er solle beurteilen können, ob er ggf. zur Durchsetzung des von ihm vertretenen Standpunktes nach Verwirklichung des Sachverhaltes den gerichtlichen Rechtsweg wird beschreiten müssen. Allerdings betont der BFH, dass die Finanzbehörde bei Erteilung der Auskunft keine Wahl zwischen verschiedenen Auskunftsalternativen habe. Sie müsse klipp und klar die Rechtsfolge in der Auskunft beschreiben, die die Finanzverwaltung bei dem geschilderten Sachverhalt vertritt. In engen Grenzen sind – so der BFH – die Gerichte befugt, die Auskunft auch inhaltlich zu kontrollieren. Insbesondere muss der Sachverhalt von der Finanzbehörde zutreffend erfasst worden sein und die Auskunft muss in sich schlüssig und evident rechtsfehlerfrei sein.

Verbindliche Auskunft gibt Rechtssicherheit

Weicht der später verwirklichte Sachverhalt nicht oder nur geringfügig von dem in der Auskunft beschriebenen Sachverhalt ab, ist die von der Finanzverwaltung getroffene Auskunft grundsätzlich verbindlich, vgl. § 2 Steuer-Auskunftsverordnung. Ausnahmen gelten in folgenden Fällen:

  • Tatsächliche Rechtslage ist für den Steuerpflichtigen günstiger als die in der Auskunft erteilten Auskunft

    Ist die Auskunft für den Steuerpflichtigen ungünstiger ist als die tatsächliche Rechtslage, muss die Finanzverwaltung die (günstige) tatsächliche Rechtslage anwenden, vgl. 2 Abs. 1 Satz 2 Steuer-Auskunftsverordnung.
  • Änderung der der Auskunft zugrundeliegenden Rechtsvorschriften

    Eine Abweichung zuungunsten des Steuerpflichtigen ist nur zulässig, wenn nach Erteilung der verbindlichen Auskunft die der Auskunft zugrundegelegten Rechtsvorschriften geändert oder aufgehoben werden. Trotz bestehender verbindlicher Auskunft muss daher die Rechtsentwicklung zu den betreffenden Regelungen immer genau beobachtet werden.
  • Rückwirkender Widerruf der Auskunft nicht zulässig

    Stellt sich nach Erteilung der Auskunft heraus, dass diese fehlerhaft ist, hat die Finanzverwaltung die Möglichkeit, die Auskunft für die Zukunft, nicht aber für die Vergangenheit(!), zu widerrufen. Ist also der angestrebte Sachverhalt bereits verwirklicht worden, ist die Auskunft – wenn sie zugunsten des Steuerpflichtigen wirkt – trotz möglicher Rechtswidrigkeit verbindlich. Darin liegt ja auch der Zweck der verbindlichen Auskunft: Die Betroffenen sollen sich auf die von der Finanzverwaltung erteilten Auskunft verlassen können.
Anforderungen an verbindliche Auskunft – Sachverhalt darf noch nicht verwirklicht sein

Der Antrag auf verbindliche Auskunft ist schriftlich zu stellen; in dem Antrag muss insbesondere der geplante Sachverhalt und dessen rechtliche Einordnung genau beschrieben werden; es muss versichert werden, dass zu dieser Frage nicht bereits an anderer Stelle eine verbindliche Auskunft eingeholt wurde; außerdem erforderlich ist die Nennung der konkreten Rechtsfrage.

Wichtig! Eine verbindliche Auskunft kann nur eingeholt werden, wenn der Sachverhalt noch nicht verwirklicht wurde. Für bereits verwirklichte Sachverhalte werden verbindliche Auskünfte nicht erteilt.

Die Steuer-Auskunftsverordnung (StAuskV)

§ 1 Abs. 1 der Steuer-Auskunftsverordnung (StAuskV) regelt, welchen genauen Inhalt der Antrag auf verbindliche Auskunft haben muss. Enthält ein Auskunftsverlangen nicht sämtliche dort genannten Punkte, wird die Finanzverwaltung die Erteilung der begehrten Auskunft wegen formeller Fehler zurückweisen.

§ 1 Form und Inhalt des Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft 

(1) Der Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist schriftlich bei dem nach § 89 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung zuständigen Finanzamt, in den Fällen des § 89 Abs. 2 Satz 3 der Abgabenordnung beim Bundeszentralamt für Steuern, zu stellen und hat zu enthalten: 

  1. die genaue Bezeichnung des Antragstellers (Name, bei natürlichen Personen Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt, bei Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen Sitz oder Ort der Geschäftsleitung, soweit vorhanden Steuernummer),

  2. eine umfassende und in sich abgeschlossene Darstellung des zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht verwirklichten Sachverhalts,

  3. die Darlegung des besonderen steuerlichen Interesses des Antragstellers,

  4. eine ausführliche Darlegung des Rechtsproblems mit eingehender Begründung des eigenen Rechtsstandpunktes des Antragstellers,

  5. die Formulierung konkreter Rechtsfragen,

  6. die Erklärung, dass über den zur Beurteilung gestellten Sachverhalt bei keiner anderen der in § 89 Abs. 2 Satz 2 und 3 der Abgabenordnung genannten Finanzbehörden (Finanzämter oder Bundeszentralamt für Steuern) eine verbindliche Auskunft beantragt wurde, sowie

  7. die Versicherung, dass alle für die Erteilung der Auskunft und für die Beurteilung erforderlichen Angaben gemacht wurden und der Wahrheit entsprechen.

Kosten der verbindlichen Auskunft

Die Einholung einer verbindlichen Auskunft ist kostenpflichtig, vgl. § 89 Abs. 3 AO. Grundsätzlich betragen die Gebühren 1 % des Gegenstandswerts. Gegenstandswert sind die steuerlichen Auswirkungen des geschilderten Sachverhaltes. Bei Dauersachverhalten sind die steuerlichen Auswirkungen eines Jahres maßgebend. Bei Gegenstandswerten bis zu 10.000 EUR werden keine Gebühren erhoben.

Lässt sich ein Gegenstandswert nicht ermitteln, werden die Gebühren nach dem Aufwand mit 50 EUR je halben Stunde Bearbeitungszeit berechnet. Beträgt die Bearbeitungszeit weniger als zwei Stunden, entstehen keine Gebühren. Wird der Antrag auf Erteilung einer Auskunft vor Bekanntgabe der Auskunft zurückgenommen, kann die Gebühr ermäßigt werden.

 

* Über die Autorin:

Susanne Christ ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht. Sie führt eine eigene Steuer- und Wirtschaftskanzlei in Köln und ist die Sprecherin des Erbrechtsausschusses des Kölner Anwaltsvereins. Susanne Christ ist langjährige Fachautorin der Haufe Mediengruppe und Dozentin in den Bereichen Einkommen-, Umsatz- und Erbschaftssteuer. Sie schreibt auch regelmäßig Fachartikel und Kommentare bei STB Web. 

E-Mail: s.christ@netcologne.de


(STB Web)



Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 25.07.2012, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.