22.02.2012 | Beratertipp

Kettenschenkungen: Der BFH stellt sich schützend vor Schwiegerkinder

Von Susanne Christ, Rechtsanwältin/Fachanwältin für Steuerrecht, Köln *


In einem aktuellen Beschluss hat der Bundesfinanzhof (BFH) klargestellt, dass  Kettenschenkungen grundsätzlich auch steuerrechtlich anzuerkennen sind. Damit hat der BFH Gestaltungsmodelle abgesegnet, die erhebliche Bedeutung für die Praxis haben.

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Der Fall:

In dem entschiedenen Fall hatte ein Vater seinem Sohn im Wege der vorweggenommenen Erbfolge eine Immobilie geschenkt. Diese Schenkung sollte auf seinen Pflichtteilsanspruch angerechnet werden, außerdem verpflichtete sich der Sohn, seinem Bruder 50.000 EUR als Ausgleich zu zahlen. Zu Lebzeiten des Vaters war es dem Sohn verboten, das Grundstück ohne Zustimmung des Vaters zu veräußern und für den Fall der Veräußerung ohne Zustimmung ein Rücktrittsrecht des Vaters vereinbart. Mit notariellem Vertrag vom selben Tag übertrug der Sohn dann die Hälfte des Miteigentumsanteils an der vom Vater zugewendeten Immobilie unentgeltlich an seine Ehefrau. Für den Fall der Scheidung oder des Vorversterbens der Ehefrau vor dem Ehemann wurde dem Ehemann das Recht eingeräumt, den zugewendeten Gegenstand zurückverlangen zu dürfen. Auf eine Zwischeneintragung des Ehemannes als Volleigentümer im Grundbuch wurde verzichtet.

Das Finanzamt stellte sich auf den Standpunkt, dass der Schwiegervater der Schwiegertochter unmittelbar den Anteil an der Immobilie zugewendet habe und forderte von ihr Schenkungsteuer in Höhe von 23.200 EUR. Die Schwiegertochter vertrat demgegenüber die Auffassung, dass sie keine Schenkungsteuer zu zahlen habe, da ihr die Immobilie von ihrem Ehemann unentgeltlich zugewendet worden sei und deshalb die Schenkungsteuer zu Unrecht festgesetzt worden sei. Die von ihr beantragte Aussetzung der Vollziehung lehnte das Finanzamt ab. Über die hiergegen erhobene Klage musste nun der BFH entscheiden.

Die Entscheidung des BFH:

Der BFH vertritt die Auffassung, dass die zivilrechtlichen Regelungen auch im Schenkungsteuerrecht nachzuvollziehen sind, da es sich bei der Schenkungsteuer um eine Verkehrssteuer handele. In dem zu entscheidenden Fall war der Sohn Volleigentümer der vom Vater zugewendeten Immobilie gewesen, er wurde auch nicht vom Vater verpflichtet, einen Teil an die Schwiegertochter weiterzuveräußern. Vielmehr – so der BFH – läge es in der Regel nicht im Interesse von Eltern, Schwiegerkindern Immobilien im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zuzuwenden; in ihrem Interesse liege vielmehr die Zuwendung von Vermögen an Kinder. Die Schenkung an den Sohn sei im Zeitpunkt der Weiterveräußerung an die Schwiegertochter auch bereits ausgeführt worden, da

  • ein wirksames Schenkungsversprechen
  • eine Auflassung und
  • eine Eintragungsbewilligung

vorgelegen hätten, bevor es zur Weiterveräußerung gekommen sei. Nicht erforderlich sei es, so der BFH in seinem Beschluss, dass der Sohn auch ins Grundbuch als Volleigentümer eingetragen würde. Etwas anderes ergäbe sich auch nicht aus der vom Vater erteilten Zustimmung zur Weiterveräußerung an die Schwiegertochter. Die Erteilung der Zustimmung könne nicht mit einer Veräußerung des Teileigentums an die Schwiegertochter gleichgestellt werden. Anhaltspunkte für einen Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO sah der BFH nicht. Die Schenkungsteuer wurde ausgesetzt.

Folgerungen für die Praxis:

Mit dieser Entscheidung hat der BFH Gestaltungsmodelle abgesegnet, die erhebliche Bedeutung für die Praxis haben. Die unentgeltliche Zuwendung an Kinder unterliegt wegen des persönlichen Freibetrages von 400.000 EUR und der Einstufung in die erbschaftsteuerliche äußerst günstige Steuerklasse I einer erheblich milderen Besteuerung als die Zuwendung an Schwiegerkinder. Schwiegerkindern wird lediglich ein persönlicher Freibetrag von 20.000 EUR gewährt, mit ihrer Einstufung in die Steuerklasse II unterliegen sie einen mehr als doppelt so hohen Eingangssteuersatz von 15 % gegenüber 7 % Eingangssteuersatz bei Erwerben von Personen der Steuerklasse I.

Eheleuten hingegen werden als persönlichen Freibetrag 500.000 EUR gewährt und auch sie werden in die günstige Steuerklasse I eingestuft. Daher kann es steuerlich attraktiv sein, eine Immobilie nicht direkt dem Schwiegerkind zuzuwenden, sondern – wie im Entscheidungsfall – dem Kind zu übertragen, das dann seinerseits die Immobilie an seinen Ehegatten überträgt.

Achtung! Der BFH hätte sicher anders entschieden, wenn im Zuwendungsvertrag zwischen Vater und Sohn eine Verpflichtung zur Weiterveräußerung an die Ehefrau festgeschrieben worden wäre.  

Kettenschenkung als Freibetragskiller

Zu beachten ist aber, dass durch die Kettenschenkung Freibeträge verbraucht werden. Nach § 14 ErbStG sind bei späteren Erwerben Vorerwerbe innerhalb von zehn Jahren zu berücksichtigen. Würde also im obigen Fall der Vater innerhalb von zehn Jahren dem Sohn weiteres Vermögen übertragen, würde der Vorerwerb in voller Höhe angerechnet werden. Die Anrechnung erfolgt sowohl bei Erwerben unter Lebenden als auch bei Erwerben von Todes wegen.

Nutzung der Steuerbefreiung im Zusammenhang mit der Übertragung von Familienheimen

Auch im Verhältnis der Eheleute kann eine Kettenschenkung zum Verbrauch von Freibeträgen führen. Allerdings hat der Gesetzgeber die Übertragung des selbst bewohnten Familienheims durch Erwerbe unter Lebenden nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 a ErbStG vollständig von der Schenkungsteuer befreit. Wird also im Wege der Kettenschenkung das von den Eheleuten bewohnte Familienheim im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG weitergegeben, tritt kein Verbrauch des persönlichen Freibetrags ein. Bei Erwerben von Todes wegen wäre der Erwerb erbschaftsteuerfrei, wenn der Erwerber die Immobilie mindestens zehn Jahre nach dem Tod des Ehegatten weiter als Familienheim nutzt, vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 4 b ErbStG. Eine solche Behaltensfrist wird bei Erwerben unter Lebenden nicht verlangt.

Wer also eine Kettenschenkung mit der Veräußerung eines Familienheims kombiniert, kann zwar auf der Ebene Eltern – Kind den Freibetragsverbrauch nicht vermeiden; aber auf der Ebene der Ehegatten kann durch geschickte Nutzung der Freibetragsregelung des § 13 a Abs. 1 Nr. 4 a ErbStG ein Freibetragsverbrauch vermieden werden.

 

* Über die Autorin:

Susanne Christ ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht. Sie führt eine eigene Steuer- und Wirtschaftskanzlei in Köln und ist die Sprecherin des Erbrechtsausschusses des Kölner Anwaltsvereins. Susanne Christ ist langjährige Fachautorin der Haufe Mediengruppe und Dozentin in den Bereichen Einkommen-, Umsatz- und Erbschaftssteuer. Sie schreibt auch regelmäßig Fachartikel und Kommentare bei STB Web. 

E-Mail: s.christ@netcologne.de


(STB Web)



Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 22.02.2012, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.