17.08.2011 | Bundesfinanzhof

Kosten für Erstausbildung und Erststudium doch abziehbar

Der Bundesfinanzhof hat mit zwei Urteilen vom 28. Juli 2011 entschieden, dass Kosten eines Erststudiums und einer Erstausbildung entgegen der bisherigen Praxis der Finanzämter als Werbungskosten abziehbar sein können - und zwar auch dann, wenn der Steuerpflichtige diese Berufsausbildung unmittelbar im Anschluss an seine Schulausbildung aufgenommen hatte.

In einem der vom Bundesfinanzhof (BFH) entschiedenen Fälle (Az. VI R 38/10 und VI R 7/10) nahm der Kläger bei einer Tochtergesellschaft einer Fluglinie die Ausbildung zum Berufspiloten auf. Hierfür entstanden ihm Aufwendungen von annähernd 28.000 Euro. In dieser Höhe beantragte er mit seiner Einkommensteuererklärung 2004 einen Verlustvortrag festzustellen. Er berief sich darauf, dass diese Ausbildungskosten vorweggenommene Werbungskosten für seine künftige nichtselbstständige Tätigkeit als Pilot seien. Im anderen Streitfall hatte die Klägerin ihre Schulausbildung 2004 mit dem Abitur abgeschlossen und anschließend das Medizinstudium aufgenommen. Auch sie machte ihre Aufwendungen für das Studium als vorweggenommene Werbungskosten geltend und beantragte ebenfalls eine entsprechende Verlustfeststellung.

Urteile widersprechen der gängigen Praxis der Finanzämter

Die Finanzämter lehnten die beantragten Verlustfeststellungen ab. Sie beriefen sich dazu auf die ab 2004 geltende Regelung, dass Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium im Rahmen der Einkünfteermittlung nicht abziehbar sind, wenn die Aufwendungen nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden (§ 12 Nr. 5 EStG). Dieser Auffassung folgten auch die Finanzgerichte.

Die dagegen eingelegten Revisionen der Kläger beim BFH waren allerdings erfolgreich. Der BFH stellte in seinen Urteilen klar, dass aus der strittigen Vorschrift kein solches generelles Abzugsverbot folge. In beiden Fällen seien die Kosten der Ausbildung hinreichend konkret durch die spätere Berufstätigkeit der Kläger veranlasst, so dass sie als vorweggenommene Werbungskosten berücksichtigt werden müssten.

Jährliche Steuererklärung abgeben und Verlustvortrag feststellen lassen

Der Deutsche Steuerberaterverband (DStV) rät, Aufwendungen für das Studium fortan geltend zu machen und eine entsprechende Verlustfeststellung zu beantragen. Werbungskosten können sein: Aufwendungen für Kurse, Lehrgänge, Tagungen sowie Studien- und Prüfungsgebühren. Ferner zählen hierzu die Kosten für Lernmaterialien, Fachbücher oder Kopien. Abschreibungen können sich auf Arbeitsmittel wie den Laptop ergeben. Das gleiche gilt für Fahrtkosten zur Ausbildungsstätte.


(BFH / STB Web)


Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 17.08.2011, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.