22.02.2011 | Rechtsprechungsänderung

BFH lässt Aufwendungen für heterologe künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastungen zu

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 16. Dezember 2010 unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass Aufwendungen eines Ehepaares für eine heterologe künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden können.

Im Streitfall war der Ehemann wegen einer inoperablen organischen bedingten Sterilität zeugungsunfähig, so dass sich die Eheleute entschlossen hatten, ihren Kinderwunsch durch eine künstliche Befruchtung mit Samen eines anonymen Spenders zu verwirklichen (heterologe künstliche Befruchtung). In ihrer Einkommensteuererklärung machten die Eheleute die Kosten dieser Behandlung von rund 21.000 Euro als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt wies das unter Hinweis auf die bisherige Rechtsprechung des BFH ab, weil diese Form der Befruchtung keine Heilbehandlung sei.

Nun hat der BFH entschieden, an der bisherigen Rechtsprechung zum Abzug von Aufwendungen für eine heterologe künstliche Befruchtung nicht mehr festzuhalten (Az. VI R 43/10). Die künstliche Befruchtung der (gesunden) Ehefrau mit Fremdsamen bezwecke zwar nicht die Beseitigung der Unfruchtbarkeit des Ehemannes. Sie ziele aber ebenso auf die Beseitigung der Kinderlosigkeit eines Paares, wie eine Befruchtung mit Eigensamen (homologe künstliche Befruchtung).

Der Kinderlosigkeit komme zwar nicht selbst Krankheitswert zu. Sie sei aber vorliegend unmittelbare Folge der Erkrankung des Klägers. Damit werde auch bei einer heterologen künstlichen Befruchtung die durch Krankheit behinderte Körperfunktion beim Kläger durch eine medizinische Maßnahme ersetzt. Diese sei entgegen der bisherigen Auffassung als Heilbehandlung anzusehen, so dass die Kosten hierfür als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden könnten.

(BFH / STB Web)



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