04.05.2009 | Studie

It's a man's world: Kaum Frauen in den Top-Gremien der großen Beratungs- und Prüfungsgesellschaften

Von Manuel Maurer, STB Web

In den Aufsichtsräten und Vorständen deutscher Spitzenunternehmen sind Frauen nach wie vor massiv unterrepräsentiert. Vor allem die Vorstände sind eine reine Männerdomäne. Dies ist das zentrale Ergebnis einer aktuellen Studie des DIW Berlin. Das gleiche Bild zeigt sich auch bei den Big-Four Unternehmen in der Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsbranche, wie STB Web feststellt.

Laut DIW sind in den 200 größten deutschen Unternehmen (ohne Finanzsektor) zur Zeit nur 2,5 Prozent der Spitzenpositionen von Frauen besetzt. Auch in den Vorständen der 100 größten Banken und 58 größten Versicherungen ist der Frauenanteil mit 1,9 bzw. 2,4 Prozent verschwindend gering - obwohl die meisten Beschäftigen im Finanzsektor Frauen sind.

In den Aufsichtsräten der Top-200-Unternehmen (ohne Finanzsektor) sind die Frauen mit gut neun Prozent und in den Aufsichtsräten der Banken und Versicherungen mit 15,5 bzw. 13,4 Prozent vertreten. Der überwiegende Teil der Frauen in Aufsichtsräten war allerdings nur aufgrund der bestehenden Mitbestimmungsregelungen und damit als Vertreterin der Arbeitnehmer dorthin gelangt. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stifung. Danach sind knapp 80 Prozent der Frauen in mitbestimmten Aufsichtsräten Arbeitnehmervertreterinnen.

Siemens: Einziges Top-10-Unternehmen mit einer Vorstandsfrau

Weiterer Befund: Je größer die Unternehmen sind, desto geringer wird der Frauenanteil in den Führungsgremien. So ist in den 68 Vorstandspositionen der zehn umsatzstärksten Unternehmen nur eine einzige Frau vertreten: Barbara Kux bei Siemens. Sie ersetzte allerdings keinen ihrer männlichen Kollegen, sondern trat eine eigens für sie geschaffene Position an (Einkauf und Umwelt). Von den insgesamt 526 Vorstandsposten der 100 größten Unternehmen sind nur sieben von Frauen besetzt. Dies entspricht einem Anteil von 1,3 Prozent. Insgesamt sind in den Top-200-Unternehmen 2,5 Prozent Frauen in Vorständen vertreten, das entspricht 23 von 934 Sitzen. In lediglich einem Unternehmen nimmt eine Frau einen Vorstandsvorsitz ein: Petra Hesser bei IKEA.
 
Echte Positivbeispiele gibt es laut DIW kaum. Nur in neun der Top-200-Unternehmen werden mehr als ein Fünftel der Sitze im Aufsichtsrat von Frauen eingenommen. „Spitzenreiter“ sind hier die Henkel KGaA, IBM Deutschland und Karstadt mit jeweils knapp einem Drittel. Zu den Unternehmen, in denen hingegen weder im Aufsichtsrat noch im Vorstand eine Frau tätig ist, gehören zum Beispiel die Aldi-Gruppe und die Audi AG.

Big-Four: Fast gar keine Frauen in der Vorstandsebene

Die aktuellen Studien sind Anlass genug, einmal die Lage bei den Big-Four Beratungsunternehmen zu prüfen. Danach präsentiert sich der Vorstand der KPMG auf der Unternehmenswebsite aktuell mit 18 Personen, davon zwei Frauen – Dr. Sibylle Bartels-Hetzler und Dipl.-Kfm. (sic) Christine Kreidl, beide Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin.

Bei PWC stößt man auf insgesamt 20 Personen als Mitglieder des Vorstandes, darunter nicht eine Frau. Im PWC-Aufsichtsrat sind von insgesamt 12 Personen immerhin drei Frauen vertreten: Mechthild Bayer, Bereichsleiterin Weiterbildung von ver.di, Ute Hanf, Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin sowie Prokuristin bei PWC und Dagmar Teuscher-Latasch, Mitarbeiterin des Unternehmens.

Bei Ernst & Young gehören dem Vorstand laut Geschäftsbericht 2008 mit Wirkung vom 1. Januar 2008 insgesamt 15 Personen an - ausschließlich Männer.

Die Geschäftsleitung von Deloitte wartet mit 10 Personen auf, darunter eine Frau: Marion Farnschläder, Chief Financial Officer. In der Unternehmensbroschüre des Beratungsunternehmens werden übrigens 258 Partner aufgeführt, darunter 18 Frauen (= 7 Prozent), soweit die Vornamen auf das Geschlecht schließen lassen.

Auch bei den Beratungsgesellschaften der nachfolgenden Liga zeichnet sich dieses Bild ab. Die BDO Deutsche Warentreuhand AG präsentiert sich derzeit mit 11 Vorstandsmitgliedern, ausschließlich Männern. Im Aufsichtsrat sitzen immerhin unter den neun Mitgliedern zwei Frauen – beide Arbeitnehmer-Vertreterinnen. Unter den sieben Mitgliedern der Geschäftsleitung bei Rödl & Partner befindet sich eine Frau: Monika Rödl-Kastl – ihr auf der Website zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels angegebener Titel: „Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater“.

  Mitglieder des Vorstandes bzw. der Geschäftsleitung
davon Frauen
KPMG
18
2
PwC
20
0
Ernst & Young
15
0
Deloitte
10
1
Gesamt
63
3 (= 4,76 %)
     
BDO
11
0
Rödl & Partner
7
1


Gründe und Ausblick

Als Hauptursache für die nach wie vor stark präsente "gläserne Decke" und die schlechten Karrierechancen von Frauen wird die Doppelbelastung von Familie und Beruf angesehen. Häufig wirken in diesem Zusammenhang auch unbewusste, tief in der Gesellschaft - und in den Unternehmen - verankerte Vorurteile und Rollenzuschreibungen, die sich zum Nachteil von Frauen auswirken. Es  walten aber auch subtile Unterdrückungsmechanismen, die Frauen suggerieren, Kinder und Karriere ließen sich nicht vereinbaren. Frauen erfahren außerdem ab einer bestimmten Karrierestufe keine ausreichende Unterstützung mehr, bspw. durch Mentoren, und haben keinen Zugang zum "old boys network". Aufschluss hierüber bietet ein Interview mit einer PwC-Partnerin im FAZjob.NET der F.A.Z. online.

Ein weiterer Erklärungsansatz, den Elke Holst und Julia Schimeta vom DIW anführen, ist die an den Lebenswirklichkeiten von Männern orientierte Ausgestaltung von Führungspositionen und damit verbunden das männlich definierte Managerleitbild, das für Frauen ein Karrierehemmnis darstellt. "Bei fehlenden weiblichen Vorbildern und Rollenmustern in Führungspositionen fällt es Frauen häufig schwerer, ihre Karriereplanung so stringent voranzutreiben und ihre Ansprüche so selbstbewusst einzufordern wie ihre männlichen Kollegen." so Holst und Schimeta.

Optimistisch stimmt immerhin die Feststellung, dass sich seit einiger Zeit auch unter Männern die Stimmen mehren, die in einer angemessenen Repräsentation von Frauen in Spitzengremien nicht nur eine Frage von Chancengleichheit und Gerechtigkeit, sondern auch eine ökonomische Notwendigkeit sehen. Denn Gleichstellung ist keineswegs nur ein Anliegen mit Blick auf die Umsetzung von individuellen Lebensentwürfen. Vielmehr hat sie ganz konkrete Auswirkungen auf die Erfolgsbilanzen von Unternehmen: Gemischte Führungsgremien sind sowohl wirtschaftlich als auch von der Unternehmenskultur her erfolgreicher, wie bereits mehrere Studien nachweisen (McKinsey, Catalyst). Sie belegen eine positive Relation zwischen der Besetzung von Managementposten durch Frauen und finanzieller und organisatorischer Leistungsfähigkeit.

Auch die Europäische Kommission konstatierte jüngst, dass die Gleichstellung von Frauen und Männern kein Selbstzweck sei. In der derzeitigen Wirtschaftslage sei es wichtiger denn je, alle Talente zu mobilisieren. "Wir können es uns nicht leisten, wegen überholter Vorstellungen hinsichtlich der Rolle und Führungskompetenz von Frauen und Männern Fähigkeiten und Produktionspotenzial zu vergeuden."

Quellen und weiterführende Informationen:

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 04.05.2009, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.