23.01.2019 | Kanzleimanagement

Standpunkt Digitalisierung

DKB

Von Alexandra Buba *

Mantraartig klingt inzwischen das Postulat, Steuerberaterinnen und Steuerberater müssten Digitalisierungsbegleiter ihrer Mandanten werden. Doch wie geschieht dies in der Praxis genau? Wie wird aus dem Soll- und Haben-Berater ein IT-Experte? Und muss er oder sie dies denn wirklich? Welche Möglichkeiten bieten sich überhaupt für kleine Unternehmen, Handwerksbetriebe oder Selbstständige? Ein paar Antworten darauf finden sich in der täglichen Arbeit von Dr. Rainer Schenk.

Weitblick und einen kühlen Kopf benötigen heute Steuerberater, die wie Dr. Rainer Schenk ihre Mandanten auch in Sachen IT beraten. (Foto: © StB Dr. Rainer Schenk)

Rainer Schenk ist einer, der mitreden kann, wenn es um Kanzleisoftware geht: Mit demnächst 20 Jahren Berufserfahrung bietet der Steuerberater, Certified Tax Advisor und Qualitätsauditor seit 6 Jahren über die Plattform yourXpert digitale online-Steuerberatung an; 3.000 Mandanten haben bislang seinen Rat eingeholt. Viele Anfragen stammen von kleinen Unternehmen. Außerdem hat er im unterfränkischen Schweinfurt die Steuerrat AG mit rund 40 Mitarbeitern über die satellitenartig eingebundenen Partnerkanzleien aus Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und Rechtsanwälten gegründet und eine komplexe skalierbare Steuersoftware für die bundesweite automatisierte Betreuung von Unternehmen im Bereich Eigenkapitalemissionen und Crowdinvesting entwickelt, die bis zu 1.000 Emittenten mit rund einer Million Anlegern verbinden kann. Nächster mit seinen Partnern geplanter Coup ist ein Digitalisierungszentrum für den Mittelstand über die Steuerrat AG am Standort Heidenheim (BW), auf der Agenda steht außerdem die digitale Wirtschaftsprüfung. 

In seiner eigenen ISO zertifizierten Kanzlei im unterfränkischen Ostheim und bald über die eigene Steuerberatungsgesellschaft in Baden-Württemberg laufen – das verwundert nicht – viele Programme und Lösungen parallel, der Beratungsbetrieb bildet ganz bewusst ein Versuchslabor für Mitarbeiter und Mandanten. "Wir testen Digitalisierungsprozesse mit verschiedener Software", erklärt Steuerberater Schenk, der stolz darauf verweist, heute vollständig papierlos zu arbeiten.

Kostengünstige Lösung für kleinere Unternehmen

Auf der Suche nach einer günstigen und flexiblen Lösung stieß Schenk Anfang 2018 auf das Unternehmen SevenIT GmbH aus Offenburg, das eine Komplettlösung für kleinere und mittlere Unternehmen im Portfolio hat und darin die Zusammenarbeit mit dem Steuerberater institutionalisiert hat. Konkret findet der Steuerberater bei SevDesk eine Plattform vor, auf der er seine Mandanten nicht nur verwalten, sondern auch unmittelbar alle Buchhaltungs- und steuerlichen Prozesse abwickeln kann.

Mandanten lassen sich über die Plattform einladen, folgen sie dem, erhalten sie einen Testzugang. "Unternehmer können dadurch ihren gesamten Betrieb bei den Finanzen über das Smartphone verwalten, benötigen keine unterschiedlichen Zugänge oder Schnittstellen", so Schenk. Am Backend, irgendwo in der Cloud, freilich lässt sich eine Schnittstelle zum Kanzleisystem nutzen, zu Datev, Addison, Stotax oder anderen Lösungen.

Innerhalb von SevDesk lässt sich aber auch für den Steuerberater bereits einiges bewerkstelligen. So kann er zum Beispiel per Klick die Perspektive des Mandanten einnehmen und dessen Fibu überprüfen.

"Unethisch, dem Handwerk Geld aus der Tasche zu ziehen"

Der monatliche Aufwand pro Buchhaltung und Mandant schlägt auf diese Weise in der Kanzlei mit etwa 30 Minuten zu Buche, in traditioneller Manier bearbeitet würden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dafür vielleicht zwei oder drei Stunden benötigen. Die Zeitersparnis wird selbstverständlich an den Mandanten weitergegeben, denn: "Es ist ethisch nicht zu verantworten, dem Handwerk für Dienstleistungen Geld aus der Tasche zu ziehen, die in dieser Form nur noch existieren, weil man sich als Steuerberater der Digitalisierung versperrt", so Schenk.

Weil die Mitarbeiter und der Berater selbst weniger Zeit für Routinetätigkeiten benötigen, können sie weitere Mandanten betreuen – allerdings nur solche, die bereit sind, mit der Kanzlei digital zusammen zu arbeiten. "Andere nehme ich nicht an", sagt Schenk. Eine Rückkehr zum Papier verbietet sich für ihn schon allein aus wirtschaftlichen Gründen, aber auch wegen der Umwelt.

Alles aus dem System herausholen

Digitale Zusammenarbeit darauf zu reduzieren, dass der Mandant ausschließlich Belege einscannt, ist für Schenk "Sklaverei". Das Argument, der Unternehmen könne dann anschließend ja die Papierdokumente wegschmeißen, hält er für "unseriös". Wenn Mandanten auf sein Geheiß hin die Software einsetzen, empfiehlt er ihnen, "alles aus dem System herauszuholen". Nur für den Vorgang des Scannens und Übermittelns benötige kein Mandant kostenpflichtige Lösungen.

Der Anspruch ist vielmehr, dass Inhaber und Geschäftsführer kleinerer Unternehmen ihr gesamtes Finanzwesen über die Software abwickeln und ganzheitlich abbilden können, von der Umsatzsteuervoranmeldung über den Liquiditätsstatus bis zur Steuerhochrechnung und dem Banking. "Er oder sie braucht dann nichts anderes mehr; das System kümmert sich auch um die Anpassung der Steuervorauszahlungen - etwas, worauf die meisten Berater im Alltag keine Energie verschwenden", berichtet Schenk. Für Schenk ist es wichtig, dass der Mandant und Unternehmer mittels maßgeschneiderter Digitalisierungslösung des Rechnungswesens sein Unternehmen autonom und Real Time finanzwirtschaftlich steuern kann und nicht Wochen später von der dann längstens überholten BWA inklusive OPOS-Liste des offline-Steuerberaters gelangweilt oder überrascht wird.

Nicht abstrakt etwas empfehlen

Eine solche ganzheitliche IT-Empfehlung erwarten kleinere Mandanten heute sicherlich nicht zu Unrecht von ihrem steuerlichen Berater. Doch aus Mangel an eigener praktischer Erfahrung ganz abstrakt ein bestimmtes Produkt vorzuschlagen, hält Schenk nicht für zielführend. "Denn wenn sie als Steuerberater anschließend dauernd gefragt werden, wie etwas funktioniert, ist das auch ineffizient." Es gehe nicht immer nur ums Geld, zur Beratung gehöre mehr als Soll und Haben - gemeint ist damit die Begleitung der Digitalisierung.

Kanzleien müssten sich dafür öffnen, denn mit der "Generation Cloud" stünden Mandanten ins Haus, die aufs Knöpfchen drücken wollen, wenn beispielsweise jemand gemahnt werden müsse. Nichts anderes.

Alexandra Buba* Alexandra Buba ist freie Journalistin und spezialisiert auf die Themen der Steuerberatungsbranche (www.medientext.com). Sie schreibt regelmäßig für die STB Web-Redaktion.


Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 23.01.2019, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.