22.03.2017 | Niedersächsisches FG

Fremdvergleich bei Arbeitsverhältnissen zwischen nahestehenden fremden Dritten?

Das Niedersächsische Finanzgericht hat entschieden, dass die Grundsätze für die steuerliche Anerkennung von Angehörigenverträgen, insbesondere der Fremdvergleich, auf Arbeitsverhältnisse zwischen fremden Dritten grundsätzlich nicht anzuwenden sind und eine Anwendung auch dann ausgeschlossen ist, wenn zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein gewisses Näheverhältnis besteht.

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt bestand zwischen dem selbstständig tätigen Kläger und seiner ehemaligen Lebenspartnerin, die auch nach der Trennung mit Rücksicht auf das gemeinsame Kind in räumlicher Nähe zueinander wohnten, seit 2006 ein steuerlich anerkanntes Arbeitsverhältnis in Form eines Minijobs. Das Finanzamt ließ jedoch die Kosten des Arbeitsverhältnisses im Anschluss an eine Betriebsprüfung ab Mitte des Streitjahres 2009 nicht mehr zum Abzug zu, weil der Kläger seiner einzigen Bürokraft anstatt des Lohnes von mtl. 400 Euro einen Pkw der unteren Mittelklasse zur betrieblichen und privaten Nutzung überließ. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass das Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt der Pkw-Überlassung einem Fremdvergleich, der auch bei Vertragsverhältnissen zwischen nur nahestehenden Personen anzuwenden sei, nicht standhalte.

Keine Notwendigkeit für Ausdehnung der strengeren Abzugsvoraussetzungen

Dem ist der 9. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts (NFG) in seinem Urteil vom 16. November 2016 (Az.: 9 K 316/15) entgegengetreten und hat der Klage stattgegeben. Damit stellen sich die Richter aus Niedersachsen grundsätzlich gegen aufkommende Tendenzen in der aktuellen Rechtsprechung einiger Senate des Bundesfinanzhofs, die die Angehörigengrundsätze auch auf (nur) nahe stehende Personen (etwa langjährige Freunde), die kein verwandtschaftliches Verhältnis verbindet, anwenden (insbesondere in Fällen wechselseitiger Arbeits- oder Mietverhältnisse). Nach Auffassung des NFG besteht für eine solche Ausdehnung der strengeren Abzugsvoraussetzungen keine Notwendigkeit. Bestehen Anhaltspunkte für einen Gestaltungsmissbrauch oder ein Scheinvertragsverhältnis bei nahestehenden Personen, reicht danach das gegenwärtige Verfahrensrecht, insbesondere die Vorschriften der Abgabenordnung zu unwirksamen Rechtsgeschäften und dem Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten, aus, um entsprechenden Gestaltungen zu entgegnen.

Abweichung von anderen Auffassungen in der Rechtsprechung

Unabhängig davon ist das NFG zu der Überzeugung gelangt, dass die Überlassung eines Fahrzeugs der unteren Mittelklasse an eine (nahestehende) Minijobberin auch zur privaten Nutzung anstatt des zuvor vereinbarten Barlohns von 400 Euro zumindest dann einem Fremdvergleich standhält, wenn der Pkw wegen einer signifikanten betrieblichen Nutzung (im Streitfall: 35 Prozent) Betriebsvermögen darstellt, die Arbeitnehmerin die einzige Büroangestellte ist und der geldwerte Vorteil für die Privatnutzung ebenfalls mit 400 Euro zu bewerten ist. Der 9. Senat des grenzt sich dabei auch ab von den bisher im Niedersächsischen FG zu dieser Problematik ergangenen Urteilen, die Pkw-Überlassungen im Rahmen von Angehörigen-Arbeitsverhältnissen betrafen.

Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Ob die Finanzverwaltung die Revision einlegen wird, steht noch nicht fest.

(NFG / STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 22.03.2017, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.